Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nur Protektionismus bereitet Sorgen
Ifo-Präsident Clemens Fuest beim Unternehmerforum der Volksbanken Raiffeisenbanken
LAUPHEIM (fli) – Optimismus im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung hat Professor Clemens Fuest beim 22. Unternehmerforum der Volksbanken Raiffeisenbanken im Kreis Biberach verbreitet. Er bezog Stellung zum Thema „Europa 2018: Zwischen Eurokrise, Brexit und Trump“.
Bei seiner Begrüßung im gefüllten Kulturhaus drückte Gerolf Scherer, Kreisvorsitzender der Volksbanken Raiffeisenbanken im Kreis Biberach, das aus, was wohl viele Besucher an der Schwelle zu einem neuen Jahr empfinden: Zwar bestehe „Krisenfestigkeit“im Euroraum, und doch gebe es gewisse Ängste wegen des zunehmenden Protektionismus.
Wirtschaftswissenschaftler Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts in München, zeigte Verständnis für die skeptische Haltung: „Viele machen sich Sorgen“, trotz andauernder Hochkonjunktur. Grund seien nicht nur die Tendenzen zur wirtschaftlichen Abschottung, sondern auch unbekannte Entwicklungen in China und der Türkei, der Brexit und die Eurokrise: „Wirklich überwunden ist die Eurokrise nicht.“
Ganz in Rosa malte Fuest das Bild von den konjunkturellen Aussichten für 2018. Die Wirtschaftslage sei „sehr gut“, das betreffe alle Branchen. Deutschland sei eine „Insel der Seligen“, es bestehe derzeit noch keine Gefahr der Überhitzung, aber Kapazitätsgrenzen seien sichtbar. Nur geringe Risiken sieht der Volkswirtschaftler durch den englischen Brexit und Trumps Protektionismus-Politik. Werde eine Zollmauer zwischen der EU und Großbritannien hochgezogen, dann sei das „für die Briten schlimmer als für den Rest der EU.“Belegt wurde dies durch den prozentualen Vergleich an der Wertschöpfung Großbritanniens und der EU.
„Es geht darum, den Schaden für beiden Seiten zu vermeiden“, so Fuest. Er plädierte dafür, die Übergangsfrist zu verlängern. Er empfahl, im gegenseitigen Interesse eine eigene Freihandelszone aufzubauen.
„Ein schlechter Deal für die USA“
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Referent bei der Frage der Auswirkungen von Präsident Donald Trumps Protektionismus. Er ist sich sicher: „Das wäre ein schlechter Deal für die USA.“Fuests Institut habe verschiedene Szenarien durchgerechnet. Das Bruttoinlandsprodukt der USA würde um sieben Prozent fallen, das Deutschlands nur um 0,3 Prozent. Die USA würden durch rigiden Protektionismus „eigene Jobs gefährden.“Daher sei sich Fuest sicher: „Es wird keinen Handelskrieg geben.“
Positiv beurteilt er den Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands: „Er ist nicht schlimm für unser Land.“
Durch die zunehmende Überalterung kämen Zukunftsrisiken auf das Land zu, da sei es jetzt schon sinnvoll, wenn man spare. Erklärt wurde der Leistungsbilanzüberschuss auch mit der Qualität der Güter und der günstigen Rohölpreise. Allerdings stelle er ein politisches Problem dar. „Wir werden durch Überschuss zu Gläubigern anderer Länder.“Das führe zu Konflikten und Gegenreaktionen.
Für die Eurozone sieht er etliche Probleme. So die Überschuldung der Staaten. Eine Schuldenbegrenzung könne nicht durchgesetzt werden, weil das die Länder in ihrer Souveränität selber entscheiden. Es fehle die gemeinsame Kontrolle. Er bedauerte eine zunehmende Solidarhaftung.
Wenig hält der Wissenschaftler von den Reformvorschlägen des französischen Präsident Emanuel Macron. In einem Eurozonen-Parlament hätte Deutschland einen zu geringen Anteil, um Einfluss nehmen zu können. Einem Euro-Finanzminister würde es wegen der fehlenden Legitimität an Durchsetzungsvermögen mangeln. Besser wäre es beispielsweise, die Bankenunion weiterzuentwickeln oder die Eigenverantwortung der Euro-Staaten bei den Staatsfinanzen zu verbessern.