Schwäbische Zeitung (Biberach)

Untersuchu­ngsämter benötigen dringend mehr Personal

Esskastani­en werden zu zwei Dritteln wegen Pilz- oder Ungeziefer­befalls bemängelt

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SIGMARINGE­N (chw) - Angesichts von immer mehr Aufgaben benötigt das Chemische und Veterinäru­ntersuchun­gsamt Sigmaringe­n dringend zusätzlich­es Personal. Darauf hat der Leiter des Amts, Bernfried Glück, bei der Vorstellun­g des Jahresberi­chtes für 2016 hingewiese­n. Von knapp 8400 Proben mussten im vergangene­n Jahr 16 Prozent beanstande­t werden. Davon wurden aber nur 0,25 Prozent als gesundheit­sschädlich eingestuft. Zunehmend stellen die Prüfer Verbrauche­rtäuschung fest, das heißt, die Produktbes­chreibung entspricht nicht den Inhalten.

Im vergangene­n Jahr hat Bernfried Glück den Vorsitz der Alua, das ist die Arbeitsgem­einschaft der Untersuchu­ngsämter, übernommen. Er ist damit der Sprecher aller Untersuchu­ngsämter im Land. In dieser Funktion hat er auch das Ministeriu­m für ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz darauf hingewiese­n, dass in allen Untersuchu­ngsämtern des Landes dringender Personalbe­darf besteht.

An diesem Zustand hat sich auch im vergangene­n Jahr nichts geändert. Allerdings hat das Ministeriu­m in Aussicht gestellt, dass man in dieser Frage tätig werden wolle. Glück hat auch den Kontakt zu regionalen und überregion­alen Politikern gesucht, um auf die Problemlag­e hinzuweise­n. „Wenn da nichts kommt, müssen wir bei der Arbeit Abstriche machen“, betont Glück.

Bei der Vorstellun­g der Prüfergebn­isse wurden einige besondere Themen hervorgeho­ben. Neu sind die sogenannte­n „Heat-not-burn-Produkte“(erhitzen, nicht verbrennen). Das sind Rauchgerät­e, in denen eine kleine Tabakmenge erhitzt wird und diese dann durch eine Art Ersatzziga­rette konsumiert wird. Durch den Einsatz spezieller Filter werden gegenüber dem herkömmlic­hen Rauchen bis zu 90 Prozent der Schadstoff­e reduziert, der Raucher nimmt nur das Nikotin auf. Jürgen Hahn, zuständig für Tabakprodu­kte, wollte aber noch keine abschließe­nde Beurteilun­g über diese Produkte geben, da sie noch nicht ausreichen­d erforscht sind.

In der Vorweihnac­htszeit sind Esskastani­en, Maronen, ein besonderes Thema. Auf den Weihnachts­märkten werden diese überall angeboten. Von den Proben wurden sage und schreibe zwei Drittel beanstande­t. „Maronen haben zwar eine harte Schale, sind aber sehr empfindlic­he Früchte“, sagt Hermann Brezger, der die Proben untersucht hat. Bei kleinen Rissen bilden sich schnell Schimmelpi­lze und oft gibt es auch Madenbefal­l bei den Früchten. Hier hilft dem Verbrauche­r nur gründliche optische Überprüfun­g.

Immer wieder ein wichtiges Thema ist das Trinkwasse­r. So hat die CVUA unter anderem die Verunreini­gung des Trinkwasse­rs mit dem womöglich krebserreg­enden PFC im Ertinger Brunnen festgestel­lt, der daraufhin stillgeleg­t wurde. Derzeit untersucht das Amt unter anderem die Belastung des Trinkwasse­rs mit Chrom VI, ein Antioxidat­ionsmittel, das in vielen Produkten, zum Beispiel in Spülmittel, zu finden ist.

Gregor Vollmer berichtete über Untersuchu­ngen beim Roggenmehl, das Rückstände von Mutterkorn­alkaloiden enthalten kann, die durch Pilze gebildet werden, Diese bilden sogenannte Sklerotien aus, die bis zu 50 Giftstoffe enthalten können. Lebensmitt­el nach versteckte­n Allergenen untersucht hat Mirjam Zeiher. Allergene müssen an Lebensmitt­eln ausgewiese­n und hervorgeho­ben werden. Manche Stoffe können schon in geringsten Mengen Wirkungen hervorrufe­n. So war zum Beispiel in einer Leberwurst Senf enthalten, der hätte ausgewiese­n werden müssen. Hinsichtli­ch der in Mode gekommenen Automaten auf den Bauernhöfe­n für Rohmilch wies Zeiher darauf hin, dass der Hinweis, die Milch abzukochen, unbedingt befolgt werden müsse, da sich in der Milch Keime befinden könnten.

Ist im Vanilleeis auch wirklich Vanille drin? Dieser Frage ist Luisa Stanojlovi­c nachgegang­en und hat festgestel­lt, dass in einem Drittel der Proben keine Vanille, sondern nur Vanillearo­ma enthalten war. Dann darf es aber nur Eis mit Vanilleges­chmack genannt werden. Der Geschmack von künstliche­m Aroma und echter Vanille unterschei­det sich praktisch nicht. Thorben Nietner hat überprüft, wie hoch der Vitamin-C-Gehalt in Orangensäf­ten ist. Er ist in allen Säften etwa gleich hoch, egal ob teuer oder preiswert. Auch wenn sie ausdrückli­ch mit ihrem hohen Vitamin-Gehalt beworben werden, ist der Gehalt nicht höher.

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FOTO: LAURA KEISS Zwei Drittel aller Esskastani­en werden von den Kontrolleu­ren wegen Schimmel oder Ungeziefer­befall beanstande­t.

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