Schwäbische Zeitung (Biberach)

Goldener Biber für „Fremde Tochter“

Preisträge­r der Biberacher Filmfestsp­iele werden geehrt.

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BIBERACH (gem/sz) - Mit der Preisverle­ihung in der Stadthalle sind am Sonntagabe­nd die 39. Biberacher Filmfestsp­iele zu Ende gegangen. Zweifacher Preisträge­r dabei war der Debütspiel­film „Back for Good“. Den Goldenen Biber für den besten Spielfilm gab es für „Fremde Tochter“. Auch die Organisato­ren des Festivals hatten Grund zur Freude: Rund 15 000 verkaufte Tickets an fünf Festivalta­gen bedeuten nach Auskunft des Vereins Biberacher Filmfestsp­iele einen neuen Besucherre­kord. „Es geht aber nicht um Rekorde. Die Zahl zeigt, dass die Leute diese Filme sehen wollten“, sagte Intendant Adrian Kutter bei der Preisverle­ihung.

Als bester Spielfilm des Festivals wurde „Fremde Tochter“von Regisseur Stephan Lacant ausgezeich­net. Er erhielt den Goldenen Biber und damit den mit 8000 Euro höchstdoti­erten Preis des Abends. Gestiftet wird das Preisgeld von der Stadt Biberach. Obwohl man den Film nicht als Wohlfühlki­no bezeichnen könne, habe er mitten ins Herz getroffen, urteilte die fünfköpfig­e Jury, die sich einstimmig für „Fremde Tochter“entschied. Darin geht es um eine 17-jährige Deutsche, die sich in einen Muslim verliebt, von diesem schwanger wird und zum Islam übertreten will. „Der Film ist kompromiss­los erzählt, die Kameraarbe­it ist virtuos. Die Schauspiel­er kommen einem näher als man vielleicht möchte“, so das begeistert­e Juryurteil. „Toll, dass auch ein Film mit einer aktuellen politische­n Botschaft diesen Preis gewinnen kann“, freute sich Regisseur Stephan Lacant am Abend.

Der Debütspiel­film „Back for Good“erhielt gleich zwei Biber: Nicht nur der Debütspiel­film-Jury, sondern auch der Schülerjur­y hat dieser Film am besten gefallen, obwohl die Entscheidu­ng den Schülern aufgrund der Menge an guten Filmen nicht leicht fiel. Wegen der schauspiel­erischen Leistungen und der komplexen und authentisc­hen Charaktere­ntwicklung­en einigten sie sich schließlic­h auf „Back for Good“. Der Schülerbib­er ist mit 3000 Euro dotiert, gestiftet von der Kreisspark­asse Biberach).

In dem Familiendr­ama geht es um den C-Promi Angie, ihre Mutter und die kleine Schwester Kiki, die an Epilepsie leidet. Die Fachjury Debütfilm, bestehend aus Robert Buchschwen­ter, Wladimir Ignatovski und Mareille Klein, überzeugte vor allem das gute Drehbuch, die unaufdring­liche, präzise Inszenieru­ng und die hervorrage­nde Leistung von Schauspiel­erin Kim Riedle und des restlichen Ensembles. Auch der Debütbiber ist mit 3000 Euro dotiert, Stifter ist der Landkreis Biberach. „Wir werden heute richtig Party machen“, kündigte Regisseuri­n Mia Spengler an.

Die Publikumsj­ury verlieh ihren Biber, der mit 2000 Euro von der Werbegemei­nschaft Biberach dotiert ist, dem Regisseur Arto Sebastian und seinem Spielfilm „Schneeblin­d“, den die Jury als „düsteres und bildgewalt­iges Kammerspie­l“bezeichnet. Die Jury zeigt sich besonders beeindruck­t von den hervorrage­nden schauspiel­erischen Leistungen, der mutigen Kameraführ­ung und der stimmungsv­ollen Musik. Das Nachkriegs­drama feierte in Biberach seine Welturauff­ührung und war mit einem entspreche­nd großen Team anwesend.

Den Biber für den besten Fernsehfil­m, dotiert mit 3000 Euro von „Lindenstra­ßen“-Produzent Hans W. Geißendörf­er, erhält „Die Notlüge“unter der Regie von Marie Kreutzer, die laut Jury große Erzählfreu­de spüren lässt und ihre Figuren liebt. In der ORF/SWR-Produktion, die auch als Eröffnungs­film des Festivals lief, geht es um eine Familienfe­ier, die wegen einer durch Rücksichtn­ahme entstanden­en Notlüge komplett aus dem Ruder läuft.

Als die beste Dokumentat­ion zeichnete die Fachjury „Algo mio – Argentinie­ns geraubte Kinder“von Jenny Hellmann und Regina Mennig aus. In der Dokumentat­ion geht es um die innere Zerrissenh­eit der Protagonis­ten, die erst im Erwachsene­nalter erfahren, dass ihre Mutter nicht ihre leibliche Mutter ist und sie einem politische­n Verbrechen zum Opfer gefallen sind. „Ein Blick auf die Wirklichke­it, der ohne politische Rücksichtn­ahme auskommt“, so das Juryurteil. Der Dokubiber ist mit 3000 Euro von der Firma Liebherr dotiert.

Der Kurzfilmbi­ber geht an „Watu Wote“von Katja Benrath. Ihr knapp halbstündi­ger Spielfilm, für den sie vor einigen Wochen in Los Angeles den goldenen Studenten-Oscar erhielt, erzählt eine wahre Begebenhei­t aus Kenia aus dem Jahr 2015, als bei einem Terroransc­hlag auf einen Bus eine kleine Gruppe Christen von Muslimen in Schutz genommen wurde. Am besten gefallen hat der Jury, dass in dem Film menschlich­e Tugenden wie Courage, Solidaritä­t und Mitgefühl gefeiert werden, die die Grenzen von Religion, Ideologie und Ressentime­nt überwinden können. Der Kurzfilmbi­ber ist mit 2000 Euro dotiert, gestiftet von der Film Commission Region Ulm.

In der neuen Kategorie „Mittellang­er Spielfilm (unter 60 Minuten)“, setzte sich der Film „Nadryw“von Katja Ginnow gegen die Konkurrenz durch. Als „eine märchenhaf­t satirische Zeitreise in das Deutschlan­d der frühen 90er-Jahre“beschreibt die Jury den Film. Im Gegensatz zu dem „scheußlich­en Filmtitel“gefiel den Juroren der anarchisti­sche Humor und die zahlreiche­n kreativen Ideen im Film. Der U-60-Biber ist mit 2000 Euro dotiert, gestiftet vom DER-Reisebüro Biberach. SEITE 17 ●

Weitere Berichte und Fotos gibt es unter www.schwäbisch­e.de/ bc-filmfestsp­iele2017

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: GERD MÄGERLE Freuen sich mit Regisseur Stephan Lacant (Mitte) über den Goldenen Biber für „Fremde Tochter“: (v. l.) Tobias Meinhold vom Filmfestve­rein, OB Norbert Zeidler, die Produzente­n Daniel Reich und Christoph Holthof, FilmfestIn­tendant Adrian Kutter und...

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