Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ausstellungen zeigen das Kind in der Kunst
Neben der Ausstellung „Helle Kindheit/Dunkle Kindheit“sind Werke von Dejan Kaludjerovic zu sehen
BURGRIEDEN (sz) - Zwei Ausstellungen sind bis 11. Februar im Museum Villa Rot zu sehen: „Helle Kindheit/ Dunkle Kindheit“und eine Einzelausstellung mit Werken des aus Belgrad stammenden Künstlers Dejan Kaludjerovic.
Die Kindheit ist ein immer wiederkehrendes Thema in den bildenden Künsten. Dabei ist es ein verhältnismäßig junges Motiv. In den Bildern des Mittelalters sucht man meist vergebens nach ihr. Erst mit der Herausbildung eines wohlhabenden Bürgertums rückte die Erziehung der Sprösslinge zunehmend in den Fokus einer breiten Bevölkerungsschicht. Galt zuvor noch die Prügelstrafe als probates Mittel, um die jungen Menschen zu guten, sittsamen Erwachsenen zu erziehen, wurde nun die gewaltarme Pädagogik populär. Schriften von Jean-Jacques Rousseau, Johann Heinrich Pestalozzi und den deutschen Romantikern schlugen neue Wege ein: Das Kind wurde nun auch zu einem eigenständigen Motiv in den Künsten. Im Biedermeier und im Impressionismus wird das Kind idealisiert in der Landschaft oder beim Spielen im Haus gezeigt. Es wird zum Motiv des Friedens und der ländlichen Idylle.
Heutige Kunstschaffende machen sich diese in unserem Bewusstsein fest verankerten Motive, die in der Werbung und der Populärkultur weiterhin exzessiv genutzt werden, zunutze, um sie umzukehren und in neue Kontexte zu setzen. Junge Erwachsene in aggressiven oder brutalen Szenerien wirken verstörend, da sie unsere Sehgewohnheit irritieren oder gar provozieren. Durch diese Strategie können reelle, soziopolitische Probleme thematisiert und die Betrachter zum Nachdenken angeregt werden.
Ein Anliegen der Ausstellung „Helle Kindheit/Dunkle Kindheit“ist es, die pädagogische Zweischneidigkeit zwischen dem „guten Unschuldsengel“und dem „kleinen Tyrannen“zu illustrieren und dabei der Frage auf den Grund zu gehen, ob in jungen Menschen selbst bereits eine destruktive Kraft steckt oder ob sie allein durch ihr Umfeld geprägt werden.
In seiner Kunsthalle zeigt das Museum Villa Rot eine Einzelausstellung mit Werken Dejan Kaludjerovics. Ein Anliegen des Künstlers ist es, Aussagen zu den Strukturen und Formen der Persönlichkeitsbildung in heutigen Gesellschaften zu treffen. Dabei interessiert ihn, wie der Mensch sich zwischen Verantwortung und Manipulation, Individualität und Sozialisierung verortet. Hierzu nutzt der geborene Serbe immer wieder das Motiv des Kindes, durch welches er zeigt, dass die frühkindliche Naivität erste Beeinflussungen durch das soziale, familiäre und politische Umfeld aufweist. Ein Beispiel hierfür ist seine Interviewreihe, die er mit jungen Menschen in verschiedenen Ländern führt und deren Inhalte ihn zu Werken in Form von Spielzeugen inspirieren. Im Museum Villa Rot ist die österreichische Version dieser Serie zu sehen, die aus einem überdimensionierten Mikadospiel und einer Soundinstallation besteht.
Dejan Kaludjerovic wurde in Belgrad geboren und studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Belgrad sowie an der Universität für Angewandte Kunst in Wien bei Erwin Wurm. Heute lebt und arbeitet der Künstler in Wien.
Parallel zu den beiden Schauen in Burgrieden-Rot zeigt das Museum Biberach vom 18. November 2017 bis zum 2. April 2018 die Ausstellung „Kinder“.