Schwäbische Zeitung (Biberach)

Digital versichert

Wer seine Versicheru­ngen nur noch über Apps verwalten will, hat viele Optionen

- Von Leonard Kehnscherp­er

BERLIN - Dicke Ordner, unzählige Seiten Papier und kaum verständli­che Inhalte: Dieses Bild haben viele Menschen im Kopf, wenn sie an ihre Versicheru­ngsunterla­gen denken. Neue Anbieter wollen hier Abhilfe schaffen: mit Smartphone-Apps, die den Job des Maklers übernehmen. Was können sich Verbrauche­r darunter vorstellen?

„Versicheru­ngsmakler-Apps sind formal gesehen wie Makler aus Fleisch und Blut“, sagt Claudia Bassarak von der Stiftung Warentest. Die Apps seien das Bindeglied zwischen Versicheru­ngsnehmer und Versichere­r. Makler befragen Kunden nach ihren Bedürfniss­en, ermitteln Risiken und den Bedarf nach Absicherun­g. Dann empfehlen sie ein Produkt.

Neben dem reinen Vertragsab­schluss betreuen Makler laufende Policen eines Kunden und weisen unter anderem auf notwendige Anpassunge­n im Vertrag hin – etwa, wenn sich die Lebensumst­ände des Kunden geändert haben, so Bassarak.

Gemeinsam mit ihren Kollegen hat die Warenteste­rin zuletzt sieben Makler-Apps verglichen. Dabei ging es unter anderem um die Qualität der Beratung und darum, wie leicht die App einen bestehende­n Vertrag integriert. Ein weiteres Kriterium war die Einhaltung des Datenschut­zes. Das Ergebnis: Zwei Apps schnitten insgesamt mit „gut“ab, alle anderen waren schlechter.

Doch wie genau funktionie­ren die Apps? Der Kunde installier­t sie auf seinem Smartphone. Beim Registrier­en gibt er persönlich­e Daten wie Namen, Adresse, Geburtsdat­um, EMail-Adresse oder Handynumme­r an und erhält Einblick in die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen des Anbieters, denen er zustimmt. Abschließe­nd unterschre­ibt der Kunde das Maklermand­at. Gleichzeit­ig erlaube er der App, seine Vertragsda­ten beim Versicheru­ngsunterne­hmen einzuholen.

Einige Zeit später zeigt die App an, welchen Vertrag der Kunde bei welchem Versichere­r hat und zu welchen Bedingunge­n. „Dann kann der Kunde seinen gesamten Versicheru­ngsschutz überprüfen lassen oder Fragen zu seinen Policen stellen. Das passiert häufig per Chat oder Telefon“, sagt Bassarak.

Experten nicht immer überzeugt

Überzeugt waren die Experten aber nicht immer: Sie hatten erwartet, dass Kunden ausführlic­her und individuel­ler informiert werden. Doch teilweise seien sie einfach auf allgemeine Informatio­nen in der MaklerApp verwiesen worden, erklärt die Stiftung Warentest. Die Tester hatten unter anderem Fragen zu ihren jeweiligen Privathaft­pflicht- und Unfallvers­icherungen gestellt.

Weniger schwer fiel es den Anbietern, bestehende Versicheru­ngsverträg­e des Kunden in die App zu übertragen. Der Import kann zwar eine Weile dauern. Denn die App muss die Policen von den Versichere­rn erst anfordern. Im dreimonati­gen Testzeitra­um klappte die technische Umsetzung bei sechs der sieben Apps.

Genau darin sieht Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen auch den Vorteil solcher Apps: „Sie bündeln im Idealfall alle Informatio­nen über die bestehende­n Verträge.“Verbrauche­r bekommen so einen guten Überblick über ihren Versicheru­ngsschutz – und können im Zweifel Lücken erkennen.

Ein weiterer Vorteil: Kunden können ihre Unterlagen von überall her einsehen. „Darüber hinaus kann die Kommunikat­ion per E-Mail, Telefon oder Chat für den Kunden einiges an zeitlicher Flexibilit­ät mit sich bringen“, sagt Bassarak.

Eine gewisse technische Affinität brauchen Nutzer allerdings, wenn sie eine Makler-App nutzen wollen, erklärt Ingo Weber von der App Knip. Und dabei sollten sie bedenken: Komplizier­te Versicheru­ngsprodukt­e sind Kunden auf digitalem Wege nicht immer leicht nahezubrin­gen. Marc Kern von der MaklerApp Clark sagt daher: „Wer bereits einen Makler hat und mit diesem zufrieden ist, braucht nicht zu wechseln.“

Kontrolle ist besser

Für Verbrauche­rschützeri­n Weidenbach ist wichtig: „Nutzer sollten sich nicht blind auf die Angebote verlassen.“Besser sei es, zu vergleiche­n. Denn mitunter könnten andere Versicheru­ngsanbiete­r günstiger sein oder bessere Bedingunge­n haben.

Laut Bassarak sollten sich AppNutzer außerdem sicher sein, dass sie wirklich einen Makler beauftrage­n wollen. Denn nicht alle Apps geben sich direkt als Versicheru­ngsmakler zu erkennen. Wenn Kunden dies nicht merken, aber ein Maklermand­at unterzeich­nen, können sie unter Umständen ihren alten Makler verlieren.

Und: In puncto Datensende­verhalten stuften die Warenteste­r nur zwei Apps als „unkritisch“ein. Alle anderen Anbieter sendeten Daten an Dritte.

Außerdem: „Die Bandbreite der Mängel in den Datenschut­zerklärung­en reicht von sehr gering bis deutlich, sodass sich hier kein einheitlic­hes Bild für alle Versicheru­ngsmakler-Apps abzeichnet“, sagt Bassarak.“

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FOTO: DPA Mini-Programm statt Mensch: Mit Makler-Apps können Verbrauche­r ihre Versicheru­ngen verwalten.

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