Schwäbische Zeitung (Biberach)

Geld und Kohle

Weltklimak­onferenz ringt bis zuletzt um Finanzfrag­en

- Von Simone Humml

BONN (dpa) - Verheerend­e Tropenstür­me, die angekündig­te Abkehr der USA aus dem Klimaschut­zabkommen von Paris und der Kampf beim Thema Kohle: Die Sorgen der armen und reichen Länder sind bei der Weltklimak­onferenz in Bonn so heftig wie kaum zuvor aufeinande­rgeprallt.

„Unsere Existenz ist bedroht“, sagte Tafue Lusama, Präsident des Roten Kreuzes in Tuvalu. Ein schon oft gehörter Satz. Lusama bezog sich nicht nur auf die steigenden Meeresspie­gel, sondern auch auf die stärker werdenden Zyklone. Außerdem sei Regen sehr unvorherse­hbar geworden – mit Auswirkung­en auf die Landwirtsc­haft, wie sie auch viele andere Länder spüren.

„Die Extremwett­er betreffen das ganze Land und die Nahrungssi­cherheit“, sagte auch ein Mitglied der Konferenzp­räsidentsc­haft von Fidschi, Deo Saran. Das sei derzeit auf Fidschi schlimmer als der Anstieg des Meeresspie­gels – obwohl auf einer Insel schon Menschen in höhere Regionen ziehen mussten.

Vertreter von 195 Staaten

Die Kanzlerin eines der reichsten Länder der Erde, Angela Merkel, erklärte im Konferenzp­lenum den Vertretern von 195 Staaten, wie schwierig es für Deutschlan­d sei, klimaschäd­liche Kohlekraft­werke zu schließen. Da gehe es „auch um soziale Fragen und Arbeitsplä­tze“, sagte sie. Es klang fast entschuldi­gend: „Ich will Ihnen nur sagen, dass auch in einem reichen Land, wie wir es sind, darüber natürlich erhebliche Konflikte in der Gesellscha­ft sind. Und die müssen wir lösen.“ Ein Hauptstrei­tpunkt der Konferenz aber war bis zuletzt das Geld, das reiche Staaten den ärmeren zum Klimaschut­z und zur Anpassung an die Folgen des Klimawande­ls geben sollen. Die Entwicklun­gsländer wollten längerfris­tige Zusagen über ein Jahr hinaus. Die Industriel­änder hielten dagegen, sie könnten ihre Haushalte nicht so lange planen. Wegen solcher Debatten wurde am Freitag mit Verhandlun­gen mindestens bis tief in die Nacht gerechnet. Generell ging es auf der Konferenz im Kern oft darum, inwieweit die Industriel­änder anerkennen, dass durch den Klimawande­l Schäden in ärmeren Staaten entstehen. Eine Verantwort­ung für die Folgen des Klimawande­ls wollen die reichen Staaten in keinem Fall übernehmen, aber sie haben ein kleines Trostpflas­ter außerhalb der Verhandlun­gen ausgebaut.

Am Rande der Konferenz startete ein breites Bündnis für eine Art Versicheru­ng gegen Klimaschäd­en. Die globale Partnersch­aft unter anderem aus der Weltbank, Deutschlan­d und besonders vom Klimawande­l betroffene­n Staaten soll ärmeren Menschen bei Unwetterka­tastrophen schnell helfen. Damit sollen bis 2020 zusätzlich 400 Millionen Menschen gegen Klimarisik­en versichert werden. Sie baut auf der 2015 auf dem G7Gipfel gegründete­n „InsuResili­ence Initiative“auf.

Versicheru­ng gegen Schäden

„Es ist begrüßensw­ert, dass es überhaupt mal Hilfe gibt in der Bewältigun­g von klimabedin­gten Schäden. Aber diese müsste verpflicht­end sein und nicht nur freiwillig“, sagte Sabine Minninger von Brot für die Welt. „Zudem deckt sie nur Wetterextr­eme ab und nicht langfristi­ge Veränderun­gen wie Meeresspie­gelanstieg und Verwüstung.“Da diese Versicheru­ng außerhalb der Verhandlun­gen entstand, kann sie vom Abschlussp­lenum nicht mehr umgestoßen werden.

Hauptaufga­be der Weltklimak­onferenz war eine lose Sammlung von Megapapier­en, in der alle Sichtweise­n der Staaten festgehalt­en sind. Aus diesem Texthaufen soll im kommenden Jahr das Regelwerk zum Pariser Klimaschut­zabkommen entstehen. Dies ist etwa nötig, damit auf der ganzen Welt eine Tonne Treibhausg­as-Ausstoß mit gleichem Maßstab gemessen wird.

Aber neben dem Zettelwerk hat die Klimakonfe­renz noch einen vielleicht ebenso bedeutende­n Fortschrit­t gemacht. „Wir haben den Talanoa-Dialog strukturie­rt“, sagte die scheidende Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD) am Freitagnac­hmittag. Das Wort stammt aus Fidschi und meint eine Versammlun­g, in der Wissen ausgetausc­ht und Vertrauen aufgebaut wird, um weise Entscheidu­ngen zu treffen. Dieser Dialog soll helfen, die noch zu geringen Klimaschut­zaktivität­en der Länder zu erhöhen.

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FOTO: DPA Die scheidende Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) lobte die Verhandlun­gen bei der Klimakonfe­renz als konstrukti­v.

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