Schwäbische Zeitung (Biberach)
IHK macht sich stark für duale Ausbildung
Dass es immer mehr Abiturienten ins Studium drängt, sieht die IHK-Führung kritisch
BIBERACH - Bei ihrem Bildungsevent „Best of ...“hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm in der Biberacher Stadthalle am Freitagabend rund 160 Prüfungsteilnehmer der Aus- und Weiterbildung aus dem Landkreis Biberach mit Preisen und Belobigungen geehrt. „Das sind die Leute, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden“, sagt der Biberacher IHK-Vizepräsident Friedrich Kolesch. Zusammen mit IHK-Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle will er mehr junge Menschen für eine duale Ausbildung begeistern.
Laut einer Untersuchung der IHK gibt es in der IHK-Region Ulm einen jährlichen Bedarf von rund 14 500 Fachkräften, davon etwa 9100 im Bereich mit mittlerer Qualifikation und 4100 Hochqualifizierte. Allerdings sind nur etwa 1300 der 14 500 benötigten Fachkräfte Stellen für Akademiker. Immer mehr Abiturienten drängt es aber ins Studium. „Das ist eine Entwicklung, die wir mit etwas Sorge betrachten, weil der Fokus der Unternehmen nicht auf Studienabsolventen liegt“, sagt Kolesch. Er sei nicht gegen ein Studium („Das entscheidet am Ende jeder selbst“), aber hier liege nicht der Bedarf.
Weshalb die IHK sich dafür stark macht, bei Schulabgängern – auch an den Gymnasien – zunächst für eine duale Ausbildung zu werben. „Wer eine Lehre anstrebt, ist auf jeden Fall auf der sicheren Seite“, so Kolesch. Wer sich danach für eine Weiterbildung entscheide, habe sehr gute Karrierechancen. Zumindest im Kreis Biberach scheint diese Botschaft bereits anzukommen. „Rund 25 Prozent der Auszubildenden in den IHK-Berufen könnten aufgrund ihres Schulabschlusses auch studieren“, sagt Sälzle.
Die IHK sei aber nicht nur stolz auf die Auszubildenden, die mit besonders guten Leistungen glänzen, sondern versuche auch diejenigen zu unterstützen, die sich in der Ausbildung schwerer tun, so Martina Doleghs, Leiterin des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung bei der IHK Ulm. So habe man es geschafft, durch Ausbildungsbegleitung die Quote derjenigen, die ihre Ausbildung abbrechen, in der IHK-Region auf 13,3 Prozent zu drücken (siehe Kasten). „Das ist der beste Wert in BadenWürttemberg“, sagt Doleghs.
Ausbildungsabbrüche verhindern
Derzeit begleitet die IHK 148 Auszubildende und verhindert in etwa 75 Prozent der Fälle einen Abbruch. Dabei gibt es sowohl Gespräche mit den Betrieben und Ausbildern als auch Beratungen und Schulungen für die Auszubildenden selbst. Besonders betroffen von Ausbildungsabbrüchen sind laut Doleghs die Bereiche Einzel- und Großhandel sowie die Gastronomie.
Oftmals komme es zu einem Abbruch der Ausbildung auch deshalb, weil sich der Jugendliche nicht ausreichend über das betreffende Berufsbild informiert und völlig andere Erwartungen habe. „Rund 2000 Schüler absolvieren bei uns jährlich einen Kompetenzcheck, um den richtigen Beruf zu finden“, sagt Martina Doleghs. Dieser Check besteht aus einem 90-minütigen Onlinetest sowie einem persönlichen Beratungsgespräch. „Es geht dabei auch nicht nur um IHK-Berufe. Wir empfehlen auch jemandem ein Handwerk, wenn er die Fähigkeiten dafür mitbringt“, sagt sie.
Auch die Integration von Flüchtlingen hat sich die IHK auf die Fahnen geschrieben. Vier Stellen sind dafür im vergangenen Jahr neu geschaffen worden. Es sei nicht so einfach, junge Flüchtlinge von einer dualen Ausbildung zu überzeugen. „Viele wollen zunächst einfach Geld verdienen“, sagt Doleghs. 86 haben aber auch 2017 eine Ausbildung begonnen.
Wenn es um die Bleibeperspektiven junger Flüchtlinge gehe, müsse die Politik die Regeln „nachschärfen“, so Sälzle. „Unternehmen, die in junge Menschen investieren, brauchen Planungssicherheit.“Deshalb versuche die IHK derzeit vor allem diejenigen zu vermitteln, die aus nichtsicheren Herkunftsländern stammen.