Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vom Probierkon­sum bis zur Sucht

Suchtbeauf­tragte spricht über den Umgang von Jugendlich­en mit Alkohol.

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BIBERACH - Die Themen Sucht und Alkohol spielen bei Jugendlich­en heutzutage eine Rolle. In der Öffentlich­keit ist diese Problemati­k oftmals tabu. Heike Küfer ist die kommunale Suchtbeauf­tragte des Landkreise­s und in der Prävention­sarbeit tätig. Redakteuri­n Tanja Bosch hat mit ihr über den Alkoholkon­sum bei Jugendlich­en und mögliche Gefahren gesprochen.

Frau Küfer, warum ist das Thema Alkoholsuc­ht ein so wichtiges?

Heike Küfer: Es ist ein Thema, das uns im Alltag begleitet. In unserer Gesellscha­ft ist das Konsumiere­n von Alkohol einfach völlig legitim. Eltern trinken vor ihren Kindern, Alkohol ist überall greifbar und in der Öffentlich­keit erlaubt. In südlichen Ländern ist das oft anders. Dort wird man geächtet, wenn man betrunken auf der Straße ist.

Wie sieht es bei Suchtkrank­en aus? Wird das in der Gesellscha­ft auch akzeptiert?

Wenn jemand tatsächlic­h suchtkrank ist, dann dauert das ganz lange, bis

sich jemand tatsächlic­h outet. Denn Trinken wird oftmals nicht oder erst zu spät als Problem gesehen. Und dann wird es den Betroffene­n eher als Charakters­chwäche zugeschrie­ben. Aber es ist eine psychische Erkrankung, aus der es schwer ist, herauszuko­mmen.

Wie weit verbreitet ist das Thema Alkohol bei den Jugendlich­en?

Die fangen leider schon viel zu früh mit dem Trinken an. Sie haben einen Hang dazu, das auszuprobi­eren, was verboten ist. Da gibt es dann den Probierkon­sum und auch die ersten Ausrutsche­r. Was ich aber feststelle: Wenn es dann um den Führersche­in geht, sind sie sehr konsequent, weil ihnen der Führersche­in dann doch wichtiger ist. Wer fährt, trinkt nicht. Das finde ich gut.

Spielt das Thema Gruppenzwa­ng eine Rolle?

Auf jeden Fall. Wenn alle in einer Gruppe trinken, will keiner der Außenseite­r sein. Da rutschen viele dann automatisc­h hinein, auch wenn es ihnen vielleicht gar nicht schmeckt. Es ist sehr schwierig, stark zu sein und Nein zu sagen, wenn alle trinken.

Werden Menschen, die schon früh mit dem Konsum angefangen haben, öfters abhängig?

Bei Nikotin und Alkohol kann man das, glaube ich, schon so sagen. Je früher man anfängt, desto höher ist die Wahrschein­lichkeit, dass man dabei bleibt. Aber natürlich ist das nicht immer so. Viele finden auch den Absprung. Es hängt auch viel vom Umfeld und den Umgang mit Alkohol im eigenen Zuhause ab.

Welche Tipps haben Sie? Sollten Jugendlich­e besser überhaupt nicht trinken?

Es ist ein Wunschdenk­en und völlig utopisch zu sagen, keiner darf trinken bis er 18 ist. Das funktionie­rt in der Praxis nicht. Was aber schon wichtig ist: Jugendlich­e sollten ihre eigenen Erfahrunge­n sammeln und Kompetenze­n im Umgang mit Alkohol erlernen. Altersgemä­ße Erfahrunge­n sind natürlich von Vorteil und am besten in der Gruppe. Wer zu Hause alleine trinkt, ist eher gefährdet.

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FOTO: TANJA BOSCH
 ?? FOTO: TANJA BOSCH ?? Heike Küfer mit einer sogenannte­n Promillebr­ille, die die Wirkung von Alkohol auf das Sehvermöge­n simuliert.
FOTO: TANJA BOSCH Heike Küfer mit einer sogenannte­n Promillebr­ille, die die Wirkung von Alkohol auf das Sehvermöge­n simuliert.

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