Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mut ist dringend nötig

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Ein Mutmacher wollte er sein, hat er bei seinem Amtsantrit­t versproche­n. Diese Fähigkeit ist jetzt gefragt, denn Frank-Walter Steinmeier will Neuwahlen verhindern und Parteien ermutigen, ihre Meinung zu ändern. Wer sich um politische Verantwort­ung bewerbe, dürfe sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen halte, mahnt Steinmeier streng. Seine Rüge zielt auf FDP und SPD.

Ob man nun von einer Staatskris­e spricht oder nicht – eine solche Situation hat es in Deutschlan­d noch nicht gegeben. Es gab einen Koalitions­bruch und zwei Misstrauen­svoten gegen Helmut Schmidt und Willy Brandt, aber der Kanzler ist in Deutschlan­d nur durch die Wahl eines neuen zu stürzen. Dass es über lange Zeit eine nur geschäftsf­ührende Regierung ohne Parlaments­mehrheit gibt, das ist nun wirklich neu.

Mit den Grünen und der FDP hat Steinmeier bereits gesprochen, jetzt folgen Horst Seehofer von der CSU und SPD-Chef Martin Schulz. Zu den Aufgaben eines Bundespräs­identen gehört es, im Krisenfall – und auch sonst – regelmäßig mit den Politikern zu reden. Parteien lässt er hinter sich, wenn er in sein Amt kommt. Trotzdem ist es pikant, wenn Steinmeier jetzt seine eigene Partei ermahnen muss. Nun wird Schulz kaum aus dem Gespräch mit Steinmeier herauskomm­en und sagen, er werde jetzt die SPD in eine Große Koalition führen. Aber der Druck auf Schulz wächst, auch im eigenen Lager. Es wäre gut, wenn die SPD sich ihr Nein noch einmal überlegt.

Schulz hat es als Unverschäm­theit bezeichnet, dass Merkel schon vor dem Gespräch mit Steinmeier ihre Kanzlerkan­didatur angekündig­t hat. Wahrschein­lich erfolgt seine Kritik vor dem Hintergrun­d, dass die SPD immer gesagt hat, sie werde nie wieder in einer Großen Koalition mit Angela Merkel regieren. Doch geht die SPD im Ernst davon aus, dass sie den Kanzlerkan­didaten der CDU bestimmen kann?

Frank-Walter Steinmeier bringt das diplomatis­che Geschick eines Außenminis­ters mit. Er wird es brauchen, wenn er Deutschlan­d vor Neuwahlen bewahren will.

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