Schwäbische Zeitung (Biberach)
Stadt tritt baulich zweimal auf die Bremse
Für zwei Bereiche der Kernstadt gelten jetzt Veränderungssperren.
BIBERACH - Um von der Stadtverwaltung nicht gewollte bauliche Entwicklungen zu verhindern, hat der Gemeinderat für zwei Bereiche in der Kernstadt eine höchstens zweijährige Veränderungssperre erlassen. Es handelt sich um die Bereiche „Freiburger Straße Süd“sowie „Riedlinger Straße/Fritz-Lieb-Straße“.
Für den Bereich „Freiburger Straße Süd“gibt es einen im März 2001 aufgestellten Bebauungsplan. Die Stadtverwaltung wollte damit ihr Einzelhandelskonzept insofern absichern, als sich in diesem Bereich keine Geschäfte mit innenstadtrelevanten Sortimenten ansiedeln. Außerdem war damals unklar, was nach der Teilprivatisierung der Stadtwerke mit den Flächen von Stadtwerken und Ewa Riss geschehen sollte. Weil aber keine Entwicklungen im Plangebiet ersichtlich waren, wurde das Bebauungsplanverfahren nicht weitergeführt.
„Weil es jetzt aber Interessenten zum Kauf eines Grundstücks in diesem Bereich gibt, müssen wir unsere Pläne konkretisieren“, sagte Baubürgermeister Christian Kuhlmann im Gemeinderat. Der Bereich an der Freiburger Straße spiele als östlicher Zugang zum Bahnhofsareal für die Stadt eine wichtige Rolle, wenn es um Pläne für einen Park-and-Ride-Platz, ein neues Parkhaus oder um die Verlegung des Zentralen Omnibusbahnhofs gehe, so der Baubürgermeister. Um zu verhindern, dass andere bauliche Tatsachen geschaffen werden, bevor die Stadt ihre Pläne konkretisiert hat, brauche es die Veränderungssperre.
„Option nicht nehmen lassen“
„Wir sollten uns diese Option nicht nehmen lassen, diesen Bereich städtebaulich zu überplanen“, sagte CDU-Stadtrat Hubert Hagel. Deshalb stimme seine Fraktion zu.
Die SPD sah das anders. „Der Bebauungsplan stammt aus dem Jahr 2001 und jetzt, 2017, stellen wir alles für zwei Jahre auf Stopp“, sagte Heiko Rahm, „das können wir dem Bürger nicht vermitteln.“
Die Zielsetzungen von 2001 hätten noch immer Bestand, so Flavia Gutermann (Freie Wähler). Es brauche deshalb die Veränderungssperre, um für das Gebiet eine attraktive Planung zu ermöglichen.
Eine Veränderungssperre sei schlimm für Bauherren, „die in diesem Bereich etwas machen wollen“, sagte Josef Weber (Grüne). Andererseits tue sich beim ÖPNV in Biberach gerade sehr viel. Vor diesem Hintergrund sei die Veränderungssperre richtig. „Aber es ist jetzt höchste Zeit, das Gebiet planerisch anzugehen.“
„Es ist traurig, dass es 16 Jahre gedauert hat, bis wir in diesem Gebiet einigermaßen anfangen zu planen“, sagte Alfred Braig (FDP). Eine Veränderungssperre sei ein sehr rigides Mittel gegenüber allen Bauwilligen. Seine Fraktion werde sich enthalten. Er hoffe, dass die zweijährige Gültigkeit der Veränderungssperre nicht ausgeschöpft werden müsse.
Das Gebiet
„Riedlinger Straße/ Fritz-Lieb-Straße“
wird eingegrenzt durch Gigelbergstraße, Theaterstraße, Kapuzinerstraße, Friedrich-GollWeg, Holzstraße und Hardtsteigstraße. „Viele Häuser stammen aus der Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert, als sich die Stadt in diese Richtung erweiterte, und bildet von Westen her heute den Übergang zur Altstadt“, sagte Kuhlmann. Im Wesentlichen seien es zweistöckige Gebäude mit geneigten Dächern. Dieses Gebiet befinde sich nun im Umbruch. „Häuser werden verkauft, andere sollen abgebrochen werden.“Die Stadt habe bislang nicht entschieden, welche Struktur das Quartier künftig erhalten solle. „Um das zielgerichtet tun zu können, brauchen wir einen städtebaulichen Rahmenplan aus dem dann ein Bebauungsplan entwickelt wird“, erläuterte Kuhlmann. Der jüngste Baulinienplan für einen Teil des Gebiets stamme aus dem Jahr 1913. In der Zeit, bis eine Planung erstellt ist, soll auch hier eine Veränderungssperre gelten.
„Legen da für zwei Jahre alles still“
„Man kann dort einiges entwickeln, wir wollen aber den Charakter des Gebiets erhalten“, sagte Friedrich Kolesch. Deshalb brauche es die Veränderungssperre, dafür sei dieses Instrument da. Die SPD enthielt sich. Er könne eine Veränderungssperre im Bereich der Fritz-Lieb-Straße verstehen, aber nicht für das gesamte Areal, sagte Heiko Rahm. „Wir legen da für zwei Jahre alles still.“Dieser Argumentation schloss sich auch Ralph Heidenreich (Linke) an.
Das Gebiet sei sensibel und schwierig zu gestalten, sagte Ulrich Heinkele (Freie Wähler). Die Veränderungssperre bringe die Chance, eine gewisse Ordnung zu schaffen. „Das darf aber nicht zu lange dauern.“
„Wir wollen dort keinen baulichen Wildwuchs“, sprach sich auch Josef Weber (Grüne) für die Veränderungssperre aus. Es gebe in diesem Gebiet „Charakterbauten“, die es zu erhalten gelte.
Es handle sich in dem Gebiet um eine kleinzellige, traditionelle Bebauung. „Deshalb muss man das Gebiet mit viel Fingerspitzengefühl überplanen“, sagte Alfred Braig (FDP). Seine Fraktion sage deswegen notgedrungen Ja zur Veränderungssperre. „Auch zum Schutz der Bauherren.“
Ein kurzes Video zu diesem Thema gibt es unter