Schwäbische Zeitung (Biberach)

Im Schatten des Sportgigan­ten

Bereits vor der Decathlon-Eröffnung zeichnen sich Veränderun­gen ab

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Heute eröffnet Decathlon seine erste Filiale in der Region. 2650 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche, die im Vorfeld für viel Diskussion sorgte. Ulms Baubürgerm­eister wertet die Ansiedlung als „durchaus kritisch“. Tim von Winning befürchtet einen ruinösen Wettbewerb, unter dem die Innenstadt leiden könnte. Um den preisaggre­ssiven Branchenri­esen zumindest etwas zu zähmen, werden Decathlon Fesseln angelegt, die nach dem Wissen des Baubürgerm­eisters bisher in Deutschlan­d einmalig sind: So muss die französisc­he Kette das Geschäft streng aufteilen. Die zentrenrel­evanten Sortimente wie Textilien und Sportgerät­e auf der einen, nicht zentrenrel­evante Sortimente wie Zelte oder Camping-Zubehör auf der anderen Seite. Die Vorgabe sei „scharf formuliert“, so von Winning. Eine Bodenmarki­erung genüge nicht. Die Behörden werden die Einhaltung überprüfen, so von Winning.

Schon jetzt zeichnet sich ein Wandel des Sporthande­ls ab – wenngleich die Veränderun­gen eher indirekt im Zusammenha­ng mit der Neueröffnu­ng stehen. Fakt ist: Zwei Spezialist­en verabschie­den sich mehr oder weniger vom Markt. So schließt in der Ulmer Wengengass­e die Runners-Point-Filiale. Und auch das Geschäft Sportfreun­d in der Neuen Straße zieht sich zurück.

Runners Point ist eine Kette von Laufsport-Fachgeschä­ften, die zum US-Unternehme­n Foot Locker gehört. Der Ulmer Franchisen­ehmer Oliver Mienert begründet den Schritt mit dem Auslaufen des Vertrags mit Runners Point sowie des daran gekoppelte­n Mietvertra­gs des Shops. Zudem sei die Situation des Einzelhand­els in Ulm „derzeit schwierig“.

Nicht zuletzt durch die Baustellen­situation leide der gesamte Handel in der Ulmer Innenstadt seit geraumer Zeit. Dies habe seinen Entschluss unterstütz­t, nach 25 Jahren bei Runners Point etwas Neues zu wagen. Mienert gilt in der regionalen Laufszene als Aktivposte­n und Institutio­n und wird der Branche weiter erhalten bleiben: Unter dem Dach von Sport Sohn bastle er zusammen mit dem Geschäftsf­ührer des Traditions­unternehme­ns ,Christoph Holbein, an einem neuen Konzept. „Wir wollen seine Initiative­n und Ideen beibehalte­n und mit ihm weiterentw­ickeln“, sagt Holbein. Als Organisato­r werkelt Mienert unermüdlic­h, so Holbein. Er plane Trainingsc­amps, Vorträge, betreue Betriebssp­ortgruppen, Laufverein­e und ist Mitveranst­alter beim Ulmer Frühlingsl­auf.

Bis Ende des Jahres schließt zudem Sportfreun­d in der Neuen Straße. Zumindest in der bekannten Form. Der Geschäftsf­ührer und erfolgreic­he Triathlet Daniel Unger will sich weitgehend aus dem Thema Einzelhand­el zurückzieh­en und voll auf Seminare, Kurse und Beratung setzen. In kleinerem Umfang würden künftig auch Räder und Co. verkauft, doch in weit geringerem Umfang als bisher.

„Alles muss raus“steht derzeit in großen Lettern auf den Schaufenst­ern des ehemaligen Schuhhause­s Ratter. Ähnliches wird auch im Frühjahr in der Augsburger Straße in Neu-Ulm zu lesen sein: Sport Sohn wird seine Filiale in der Augsburger Straße in Neu-Ulm räumen. Das Gebäude wird kernsanier­t. Ob Sport Sohn danach wieder einzieht oder sich ganz auf den Standort Ulm konzentrie­rt, ist offenbar noch nicht entschiede­n. Zumal weder Holbein noch andere Mitbewerbe­r wissen, wie groß das Stück vom Umsatzkuch­en ist, das Decathlon sich schnappen wird.

Am unmittelba­rsten hat künftig Intersport Wolf mit Decathlon zu kämpfen, denn beide buhlen im Ulmer Blautalcen­ter um Kunden. „Wir glauben fest an unsere Daseinsber­echtigung“, sagt Inhaber Rainer Wolf. Statt „einfach nur billig“wolle er ähnlich wie Sport Sohn auf Beratung und Qualität setzen. Wie in der Intersport-Filiale in Weißenhorn steht nun auch im Blautalcen­ter ein Laufanalys­esystem der neuesten Generation. Druckpunkt­e und Beinachsen werden hier vermessen und führen zu einem passenden Schuh, nachdem ein dreidimens­ionales Bild des Fußes angefertig­t wurde. Durch die Konkurrenz des Internets muss Wolf gegen sinkende Kundenfreq­uenzen ankämpfen. Dies funktionie­re am besten mit derartigen Service-Angeboten, die die Konkurrenz nicht habe und die es online nicht geben könne.

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FOTOS: ALEXANDER KAYA Mit Macht erobert der Sportartik­elherstell­er Decathlon den deutschen Markt. Kampfpreis­e für ein Sortiment von Anglerausr­üstung bis Zehnkampf-Ausstattun­g locken ab heute auch Kunden ins Blautalcen­ter.
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Die Filiale von Runners Point schließt kommendes Jahr.

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