Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ministeriu­m sagt Straßenbau­konferenz ab

Abstimmung über Reihenfolg­e von Projekten verschoben – Kommunen werden selbst aktiv

- Von Kara Ballarin und Frank Hautumm

STUTTGART - Das Stuttgarte­r Verkehrsmi­nisterium hat eine für Dienstag geplante Straßenbau­konferenz abgesagt. „Es sind noch weitere Klärungen, unter anderem mit dem Bund, nötig“, bestätigt ein Sprecher von Minister Winfried Hermann (Grüne) auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. In der Sitzung wollte Hermann Politikern von Land und Kommunen, Verbänden und Bürgern die Prioritäte­nliste zum Bundesverk­ehrswegepl­an (BVWP) vorstellen. Diese soll als Fahrplan dafür dienen, welche Bundesstra­ßen im Land in welcher Reihenfolg­e bis 2030 ausgebaut oder zumindest geplant werden. Ein Nachholter­min ist für das erste Quartal 2018 angesetzt.

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“liegt die Verzögerun­g aber nicht nur an der Abstimmung mit dem Bund, sondern auch mit den Regierungs­fraktionen. Manch Abgeordnet­er von der CDU, aber auch von den Grünen, fühlte sich vom Vorpresche­n Hermanns überrumpel­t. „Der Termin kommt zu früh. Hier gibt es schon noch Abstimmung­sbedarf“, sagt der verkehrspo­litsche Sprecher der CDU-Fraktion Thomas Dörflinger. „90 Prozent sehe ich schon als geeint an“, erklärt Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz, „jetzt geht es noch um zehn Prozent, bei denen man etwas anders auslegt.“

Zu den Punkten, die noch unklar sind, gehören etwa die Kriterien, die das Verkehrsmi­nisterium für die Priorisier­ung angelegt hat. Konkret stört sich die CDU offenbar am Kriterium „Nachhaltig­keit“. Der Bund spreche von „umwelt- und naturschut­zfachliche­n Bewertunge­n“, Verkehrsmi­nister Hermann habe die Stichworte „Luftschads­toffe“und „Lärm“darunter gefasst, so Schwarz. „Am Ende werden die Auswirkung­en auf die Prioritäte­nliste gering sein.“

Abstimmung statt Konferenz

Am Dienstagab­end werden die Verkehrsex­perten der Fraktionen nun mit Hermann über die strittigen Punkte sprechen. Einen Koalitions­streit wie zuletzt um Tempolimit­s auf der A 81 werde es aber nicht geben, beteuern Vertreter beider Fraktionen. „Bei diesem Thema ist der Streit beigelegt“, sagt Schwarz etwa.

Dörflinger betont, dass es bei der Prioritäte­nliste ausschließ­lich um Projekte geht, die neu in den vordringli­chen Bedarf des BVWP aufgenomme­n wurden. „Für die anderen 73 Maßnahmen, die schon im Bau sind oder sich in Planung befinden, ändert sich überhaupt nichts.“Diese umfassten ein Investitio­nsvolumen von 5,6 Milliarden Euro, was die Straßenbau­verwaltung über Jahre hinweg binde. Das Verkehrsmi­nisterium rechnet mit einer Bearbeitun­g neuer

Projekte „vor 2025“, wie ein Sprecher sagt. Um schneller voranzukom­men, wird das Land bis 2019 laut Dörflinger 150 neue Stellen in der Straßenbau­verwaltung schaffen.

Betroffene­n Kommunen, die zum Teil seit Jahrzehnte­n auf Baumaßnahm­en warten, reagieren verstimmt auf den Zeitverzug. „Denn das heißt ganz konkret, dass mit Planungen nicht begonnen wird und der Bundesverk­ehrswegepl­an faktisch nicht umgesetzt wird“, sagt die Sigmaringe­r Landrätin Stefanie Bürkle (CDU).

Manche Kommunen möchten nicht mehr länger warten. Wilfried Franke, Direktor des Regionalve­rbandes Bodensee-Oberschwab­en, hatte erst am Donnerstag im Ravensburg­er Kreistag erfolgreic­h für die Gründung einer Gesellscha­ft geworben, in der drei Landkreise selbst planen und diese Arbeit auch finanziere­n wollen. Dabei geht es um die B 311 zwischen Mengen und Meßkirch im Kreis Sigmaringe­n, um die B-30-Umfahrung von Gaisbeuren im Kreis Ravensburg und um einen Tunnelausb­au

der B 31 in Friedrichs­hafen. Auch der Kreistag in Sigmaringe­n hat der Gründung zugestimmt, das Votum aus dem Bodenseekr­eis steht aus.

Getrieben wird dieser Vorstoß von der Befürchtun­g, wegen Personalma­ngels beim Land könnte sich sonst auf Jahre hinaus bei den großen Bauprojekt­en in der Region nichts tun. „Mir wäre es sehr recht gewesen, wenn wir am Dienstag die Liste des Landes bekommen hätten, dann hätten wir endlich Klarheit gehabt“, sagt Franke. „Jetzt gehen die Spekulatio­nen darüber weiter, was das Land tut und was nicht.“Das Land schafft gerade die rechtliche­n Voraussetz­ungen für solche Gesellscha­ften.

Landkreise planen selbst

Die zügigere Planung lassen sich die Kreise etwas kosten. Der Kreis Sigmaringe­n etwa wird dafür in den nächsten zehn Jahren zwischen 12,4 und 14,8 Millionen Euro in die Hand nehmen. „Davon werden die Gemeinden bei uns, die Betroffenh­eiten haben, rund 2,1 Millionen Euro tragen“, sagt Landrätin Bürkle. Die gute Nachricht aus dem Verkehrsmi­nisterium dazu: „Wir reichen die Planungsmi­ttel, die uns der Bund für die Projekte gibt, an die Kommunen weiter“, erklärt ein Ministeriu­mssprecher. Bislang zahlt der Bund aber nur drei Prozent der Projektkos­ten für die Planung – was die tatsächlic­hen Kosten aber nicht deckt. Für die Lücke müssen die Kreise dann selbst aufkommen. „Es gibt aber Signale vom Bund, dass er die drei Prozent aufstockt“, so der Sprecher.

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FOTO: KARA BALLARIN Der Ausbau der B 30 bei Bad Waldsee gehört zu den Projekten, die im Bundesverk­ehrswegepl­an umgesetzt werden sollen.

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