Schwäbische Zeitung (Biberach)

NSU-Ausschuss beschäftig­t sich mit Laichinger Mord

Kurdischst­ämmiger Mann wurde 2011 erschossen – Verbindung­en zum NSU wurden ausgeschlo­ssen

- Von Michael Kroha und unseren Agenturen

STUTTGART/LAICHINGEN - Der NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag geht dem bislang ungeklärte­n Mord an einem Laichinger Blumenhänd­ler nach. Am kommenden Montag befragt das Gremium dazu in Stuttgart den damaligen leitenden Ermittler Alexander Dürr. „Ich werde darauf verweisen, was damals auch schon kundgetan wurde“, sagte Dürr am Freitag auf Nachfrage.

Anfang Oktober 2011 war ein kurdischst­ämmiger Händler nahe seines Ladens auf offener Straße in Laichingen im Alb-Donau-Kreis mit mehreren Schüssen getötet worden. Nach zweieinhal­b Jahren wurde der Fall ungelöst zu den Akten gelegt. Vermutunge­n, wonach der „Nationalso­zialistisc­he Untergrund“(NSU) etwas mit dem Fall zu tun haben könnte, bewahrheit­eten sich in den Ermittlung­en nicht. Dürr könne vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss auch nicht mehr sagen als das, was bereits gegenüber der Öffentlich­keit gesagt wurde, so der Kriminalob­errat.

Die Sonderkomm­ission „Blume“aus Ulm, die Dürr leitete, war zeitweise mit 50 Beamten im Einsatz. Ende 2011 war eine Tatverdäch­tige aus dem familiären Umfeld des Opfers wieder freigelass­en worden. Anhaltspun­kte für einen rassistisc­hen oder politisch motivierte­n Hintergrun­d hätten sich nicht ergeben, hieß es damals. Insgesamt wurden bei den Ermittlung­en mehr als 600 Vernehmung­en, auch in der Türkei und Frankreich, geführt und deutlich mehr als 100 Spuren überprüft.

Den Rechtsterr­oristen des NSU werden zehn Morde von 2000 bis 2007 – an Kleinunter­nehmern ausländisc­her Herkunft und an der Polizistin Michele Kiesewette­r in Heilbronn zugerechne­t. Die Behörden – auch in Baden-Württember­g – hatten jahrelang nicht erkannt, dass es sich um eine rechte Terrorzell­e handelte. Der NSU flog im November 2011 auf. Deren mutmaßlich­es Mitglied Beate Zschäpe muss sich derzeit vor dem Oberlandes­gericht in München verantwort­en. Die mutmaßlich­en NSUMitglie­der Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sind hingegen tot.

Der Untersuchu­ngsausschu­ss geht der Frage nach, welche Verbindung­en des rechtsterr­oristische­n NSU zu Baden-Württember­g bestanden und ob es hier Helfer und Unterstütz­er gab. Deshalb soll am Montag auch die aus dem Südwesten stammende NPD-Politikeri­n Edda Schmidt in dem Gremium befragt werden. Zudem geht es den Abgeordnet­en auch noch einmal um den Mord an Kiesewette­r. Der Ausschuss will Hinweise überprüfen, wonach kurz vor dem Mord auf der Heilbronne­r Theresienw­iese ein zweites Polizeiaut­o gesehen worden sein soll. Kiesewette­r und ihr Streifenko­llege waren während einer Pause in ihrem Dienstwage­n angegriffe­n worden. Der Streifenpa­rtner wurde schwer verletzt.

Dürr sagt zum ersten Mal aus

Alexander Dürr ist seit 2012 nicht mehr bei der Polizei in Ulm, sondern stellvertr­etender Leiter des Institutsb­ereichs Ausbildung der Hochschule für Polizei am Standort Biberach. Für ihn ist es das erste Mal, dass er vor dem NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss aussagen muss. „Ich weiß noch nicht, was ich sagen werde. Ich weiß aber auch noch nicht, was sie wissen wollen“, so Dürr. Ob noch weitere Zeugen im Laichinger Fall befragt werden, ist nicht bekannt.

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FOTO: SVEN KAUFFELT Der 44 Jahre alte Besitzer eines Blumenlade­ns ist 2011 in Laichingen erschossen worden.

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