Schwäbische Zeitung (Biberach)

Keine Fortschrit­te bei Projekten für saubere Luft

Nach Dieselskan­dal soll ein Fonds nachhaltig­e Mobilität fördern – Kritik an behäbiger Bürokratie

- Von Andreas Hoenig und Sascha Meyer

BERLIN (dpa) - Nach monatelang­em Vorlauf sollen Projekte für bessere Luft in Städten mit zu viel Dieselabga­sen in Gang kommen. Bei einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Oberbürger­meistern an diesem Dienstag werde der „Startschus­s für das konkrete Handeln“gegeben, wie die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin sagte.

Der Bund hat einen Fonds von insgesamt einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Beim vorgesehen­en Beitrag der Autoindust­rie dafür gibt es weiter eine Finanzlück­e. Von Kommunen und aus der Branche kam teils scharfe Kritik an der Bundesregi­erung.

Nach einem ersten Treffen im September sollen die Kommunen nun eigene Maßnahmen für sauberere Luft vorstellen. Der Bund habe Programme vorbereite­t, um die Förderung schnellstm­öglich umzusetzen, sagte Demmer. Erwartet werden Vertreter von rund 30 Städten und kommunalen Spitzenver­bänden. Eingeladen sind außerdem die Regierungs­chefs der „Autoländer“Baden-Württember­g, Bayern, Hessen, Niedersach­sen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen sowie der stark von Luftversch­mutzung betroffene­n Stadtstaat­en Berlin und Hamburg. Auch mehrere Bundesmini­ster nehmen an dem Treffen im Kanzleramt teil.

Fahrverbot­e vermeiden

Bei den kommunalen Projekten könnte es etwa um bessere Angebote im öffentlich­en Nahverkehr gehen, um eine schnellere Umstellung auf Elektrofah­rzeuge, mehr E-Auto-Ladestelle­n, Leitsystem­e gegen Staus oder neue Radwege. Hintergrun­d sind mögliche gerichtlic­h erzwungene Fahrverbot­e für ältere Diesel, wenn Grenzwerte für den Ausstoß des gesundheit­sschädlich­en Stickoxid (NOx) anders nicht einzuhalte­n sind. Politik, Autobranch­e und Kommunen wollen Fahrverbot­e vermeiden.

Bei dem geplanten Fonds gebe es weiterhin keine Fortschrit­te, hieß es aus der Autoindust­rie. „Wir kommen nicht voran, das ist ärgerlich“, sagte ein Automanage­r der Deutschen Presse-Agentur. Es sei noch kein einziger Cent geflossen, es gebe keine Kontonumme­r, kein Antragsfor­mular, keine Satzung und keinen Beirat, der Projekte beschließe­n könne. Die Bürokratie sei zu langsam. Nötig sei eine Übergangsr­egelung, damit die Städte mit Maßnahmen anfangen könnten – und sicher sein könnten, dass sie das Geld anschließe­nd erstattet bekommen.

Stuttgart gehört zu den am stärksten betroffene­n Städten. Der badenwürtt­embergisch­e Gemeindeta­g kritisiert­e den schleppend­en Fortgang. „Es ist für die Kommunen mehr als ärgerlich, dass beim angekündig­ten „Fonds für Nachhaltig­e Mobilität“nichts vorangeht“, sagte Gemeindeta­gspräsiden­t Roger Kehle.

Anfang August hatten Bundesregi­erung und Autoindust­rie bei einem ersten Dieselgipf­el beschlosse­n, einen Fonds „Nachhaltig­e Mobilität für die Stadt“aufzulegen. Die Branche hatte damals außerdem neue Abgas-Software für zusätzlich­e 2,8 Millionen Autos sowie Prämien für Kunden zugesagt, um den Kauf moderner und sauberer Autos anzukurbel­n. Umbauten direkt am Motor, die teurer wären, lehnten die Firmen ab.

Die Autoindust­rie soll sich an dem Fonds mit 250 Millionen Euro beteiligen. Bei der Finanzieru­ng klafft aber weiter eine Lücke. Wie viel die Hersteller zahlen, richtet sich nach Diesel-Marktantei­l. Bisher haben aber nur der Volkswagen­Konzern, Mercedes und BMW Zahlungen zugesagt. Den Löwenantei­l als Diesel-Branchenpr­imus zahlt der Volkswagen­konzern mit rund 100 Millionen, wie die Deutsche PresseAgen­tur aus Verhandlun­gskreisen erfuhr.

Die ausländisc­hen Hersteller weigerten sich weiter. Da ihr DieselMark­tanteil aber bei rund 35 Prozent liegt, kommen bisher nur rund 160 bis 170 Millionen Euro zusammen. Wie die Lücke geschlosse­n werden soll, war vorerst unklar.

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FOTO: DPA Saubere Luft: Geld für entspreche­nde Projekte fließt nicht.

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