Schwäbische Zeitung (Biberach)
Vereint in dynamischer Rasanz
Matthias Bartolomey und Klemens Bittmann fesseln mit ungewohnten Klängen
BIBERACH - Die beiden Wiener Musiker Matthias Bartolomey und Klemens Bittmann haben in der Biberacher Stadthalle zusammen ein Konzert gegeben und ihr Publikum dabei wahrlich mitgerissen. Gleich zu Beginn stürzen sich die beiden Wiener vivacissimo hinein in die Unergründlichkeiten ihrer Harmonien wie beim „Hummelflug“, nur wilder und ohne Hummeln. Bittman tänzelt mit tänzerisch angedeuteten Showeffekten – Marke „Ganzkörpervioline“– in leichtfüßiger Choreografie um Bartolomey herum, lässt auch schon mal den Bogen wie eine Peitsche durch die Luft sausen.
Ihr neues Programm nennen sie „Neubau“nach dem gleichnamigen Wiener siebten Bezirk, in dem sie viel Musik gemacht haben. Sie spielen eigene gemeinsame Kompositionen, die auch schon mal „Dynamit“oder auch schlichtweg „Westen“heißen. Ansonsten haben die Kompositionen keinerlei klanglichen Zusammenhang mit den genannten Titeln, sind fernab jedweder Programm-Musik. So hieß eine der Kompositionen „Davids Tanz“. Völlig ausgeschlossen, dass David auf diese wilden, sich ständig ändernden Rhythmen je hätte tanzen können.
Feurige Jugendlichkeit dominiert
Und die Dynamik bleibt sich immer ähnlich, „Sturm und Drang“, feurige Jugendlichkeit, sehr rhythmisch, aber schon auch mit gelegentlichen wunderschön klingenden CelloKantilenen. Ihr Genre nennen sie bei „Google“klassische Musik. Davon kann jedoch keine Rede sein. Sie spielen – meisterhaft – Eigenes. Die beiden haben eines ihrer Stücke zwar Nikolaus Harnoncourt gewidmet. Anmutungen an die von diesem gespielte Musik versucht man allerdings vergebens herauszuhören.
Bittman spielt auch eine kleine Variation der Mandoline, nennt sie Mandolo. Eine Kadenz von ihm klingt sehr impressionistisch. Sein Gesang dazu sind ein paar halsige weiche Töne. Am Schluss schreien auch beide schon mal übermütig und freudestrahlend los. Ihre höchst fantasievollen Improvisationen sind von großem instrumentalem Können getragen.
Stilistisch sind sie kaum einzuordnen. Sie kultivieren die freie Form, reizen die Grenzen klanglichen Wohlbefindens auch mit sorgfältiger Dissonanzenpflege ziemlich weit aus. Und sie scheuen auch keinen lebhaften Flirt mit kakofonischen Harmonieelementen. Innovativ stellten sie immer wieder klangliche Verbindungen abseits eingefahrener Hörgewohnheiten her.
Eins der letzten Stücke sagt Bittmann mit den Wünschen dreier Dinge für das Publikum an, nämlich Musik, Liebe und Frieden. Wer wollte diesem wunderschönen Idealbild widersprechen. Und die Musik dazu ist tänzerisch-freudig, hätte Lust auf mehr gemacht. Und alles in allem war es, abgesehen von der selbstverständlichen Instrumentalvirtuosität der beiden, immer spannungsvoll, niemals langweilig. Das leider nicht sehr zahlreiche Publikum dankte mit langem Applaus.