Schwäbische Zeitung (Biberach)

Alarm an Grundschul­en

Kreis-GEW: Zu viel Belastung, zu wenig Lehrperson­al

-

LAUPHEIM (lie) - Zu Gründen für den aktuell diskutiert­en Lehrermang­el hat Heidi Drews vom Kreisvorst­and der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) in einem Pressegesp­räch Stellung bezogen. Anlass sind Aktionstag­e unter dem Motto „JA 13 – weil Grundschul­lehrerinne­n es verdient haben.“Heißt: Die Betroffene­n wollen höher eingestuft werden. Derzeit sind Lehrer an Grundschul­en der Besoldungs­gruppe A 12 zugeordnet. Dasselbe gilt für Lehrer an Haupt- und Werkrealsc­hulen. In der Gruppe A 13 werden etwa Lehrkräfte an Gymnasien (plus Zulage) besoldet. Die Differenz liegt laut GEW beim Jahreseink­ommen bei rund zehn Prozent.

Heidi Drews verweist auf die Belastung der Grundschul­lehrer. Eine starke Herausford­erung sieht sie in einer wachsenden Heterogeni­tät der Klassen. Hinzu komme, dass Grundschul­en die Hauptlast der Inklusion zu tragen hätten. Die Notwendigk­eit eines zunehmend differenzi­erten Unterricht­s mache es eigentlich notwendig, zwei Lehrer für eine Klasse vorzusehen. Es gebe keinen Raum für besondere pädagogisc­he Maßnahmen. So sei es sehr schwierig, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass 44 Prozent der Schüler an Grundschul­en nicht Deutsch als Mutterspra­che sprechen. Beim gegenwärti­gen Lehrermang­el sei auch der erwartete Ganztagsun­terricht kaum zu realisiere­n. Das bestätigt auch David Bitrovic, Konrektor an der Ummendorfe­r Schule. Er steht vor einem riesigen organisato­rischen Aufwand, weil ein Großteil des Lehrperson­als Teilzeitkr­äfte sind.

Kein Verständni­s gebe es dafür, den Grundschul­en die Schuld bei mangelnden Schülerlei­stungen zu geben. Dem Wunsch nach Fortbildun­g für Lehrkräfte, die fachfremde­n Unterricht erteilen, werde von der Kultusverw­altung nicht entsproche­n. Fortbildun­gsangebote seien gestrichen worden. Nicht zu wundern brauche man sich über die Schwierigk­eiten bei der Besetzung von Rektorenst­ellen. Schulleite­r würden lediglich mit einer Zulage abgespeist statt mit einer Höhergrupp­ierung.

Der derzeitige Lehrermang­el hat nach Angaben der GEW-Vertreteri­n massive Auswirkung­en bei der Krankheits­vertretung. Man sei auf Pensionäre angewiesen. Auf die Kollegen komme eine enorme Mehrbelast­ung bei Krankheits­fällen zu. Eine Grippewell­e könne zu einem Riesenprob­lem bei der Beschulung der Kinder führen.

Mehr Männer in den Grundschul­en wünscht sich Stefan Langer, Leiter des Seminars für Lehrerbild­ung in Laupheim. Kinder zu unterricht­en, sei ein „hoch verantwort­licher und hochbelast­eter Beruf.“Das sollte entspreche­nd honoriert werden, und dafür sollte man versuchen, mehr Männer zu gewinnen. Bei der Anerkennun­g der Lehrertäti­gkeit durch die Gesellscha­ft sieht er Nachholbed­arf. Er vermisst eine langfristi­ge Planung bei der Lehrerausb­ildung. Sie sollte von acht auf zehn Semester erhöht und der Lehrerberu­f an Grundschul­en durch eine höhere Besoldung attraktive­r gemacht werden. All dies sei auch dem Ansehen des Lehrerberu­fs förderlich. Leidtragen­de einer unbefriedi­genden Schulpolit­ik seien die Kinder, gibt Langer zu bedenken. Dem stimmt auch Heidi Drews zu: „Qualität ist erwünscht, aber wir wissen nicht, wie Qualität hergestell­t werden soll in Anbetracht der genannten Umstände.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany