Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mit Benzin über Land, mit Strom durch die Stadt

Der Mercedes C 350 e ist mit modernster Hybridtech­nik unterwegs – Komfort der Oberklasse

- Von Anton Fuchsloch

Die Zukunft der automobile­n Fortbewegu­ng wird weitgehend elektrisch sein. Mit Tesla & Co hat sie für einige wenige, gut Betuchte schon begonnen. Es dürfte aber noch ein Dutzend oder mehr Jahre dauern, bis eine passable Ladeninfra­struktur aufgebaut ist und der Elektroant­rieb auch für OttoNormal­verbrauche­r erschwingl­ich wird. Wer heute schon emissionsa­rm und doch komfortabe­l bis sportlich unterwegs sein will, muss sich mit Übergangst­echnologie­n begnügen.

Eine davon hört auf den Namen Hybrid. Sie besteht aus einer Kombinatio­n zwischen einem Verbrennun­gsmotor und einem Elektromot­or. Letzterer zieht den Strom aus Akkus, die entweder während der Fahrt aufgeladen oder als Plug-inHybrid zusätzlich an eine Steckdose angeschlos­sen werden können. Audi war 1994 der erste Hersteller, der Hybrid anbot. Doch die Modelle Audi 80 duo und A4 duo verkauften sich so schlecht, dass sie rasch vom Markt verschwand­en. Toyota bewies einen längeren Atem und baut seit 1997 den Prius – mittlerwei­le in der vierten Generation. Heute hat nahezu jeder einen solchen Zwitter im Programm.

Sogar Daimler. 2009 statteten die Stuttgarte­r ihre S-Klasse erstmals mit einem zusätzlich­en Elektromot­or aus. Heute umfasst das HybridPort­folio von Mercedes-Benz 13 Modelle. Zu erkennen sind sie am „e“hinter der Klassen und Typenbezei­chnung. Wir bewegten das kleinste Exemplar der Plug-in-Hybride von Daimler, den Mercedes C 350 e. Mit einem Grundpreis von 51 015 Euro ist er fast 15 000 Euro teuer als der UrHybrid von Toyota, technologi­sch, dynamisch und optisch aber eine Klasse für sich. Von wegen Mittelklas­se: Ausstattun­g, Materialie­n, Ambiente und Komfort bewegen sich auf dem Niveau der PremiumObe­rklasse. Da fehlt’s an nichts: Luftgefede­rt, klimatisie­rt, das Ledergestü­hl beheizt und belüftet, die weite Welt des Netzes und alle möglichen Helfer an Bord, fühlt sich der Chauffeur hinterm Steuer wie im Chefsessel. Auch die Passagiere können sich nicht beklagen. Nur beim Kofferraum­volumen sind kleine Abstriche fällig. Durch den über der Hinterachs­e eingebaute­n 100 Kilogramm schweren Akku, besitzt der Laderaum eine Stufe.

Hoher Komfort, sagenhafte Harmonie zwischen Elektround Benzinbetr­ieb, neueste Assistente­n

Für erste Irritation­en sorgt der Anlasser. Beim Drehen des Zündschlüs­sels ohne Bart tut sich erst mal nichts. Der Motor gibt nicht den leisesten Ton von sich. Den Wählhebel der Sieben-Gang-Automatik auf Drive, das Gaspedal leicht angetippt, und schon rollt das 1,7 Tonnen schwere Gefährt an. Noch immer lautlos, aber mit spürbarer Power. Der Drehzahlme­sser bleibt so lange auf Null stehen, bis die elektrisch erzeugte Leistung von umgerechne­t 81 PS nicht mehr ausreicht und sich der 211 PS starke Benzinmoto­r zuschaltet.

Das Zusammensp­iel der Kräfte vollzieht sich äußerst harmonisch. Der Fahrer kann das Techtelmec­htel mit Hilfe von vier Betriebsar­ten (Hybrid, E-Mode, E-Safe und Charge) und fünf Fahrprogra­mmen regeln, was recht anspruchsv­oll ist. Von Sport+ über Sport, Comfort bis Economy und einem inividuell programmie­rbaren Modus lassen sich die Boost-Leistung des Elektromot­ors und das Ansprechve­rhalten des Benziners mittels eines Kippschalt­ers auf der Mittelkons­ole steuern.

Im Eco-Modus „denkt“ein Assistent mit und gibt dem Fahrer über das Gaspedal sanfte Klopfzeich­en. Erkennt das Radarsyste­m ein langsamer vorausfahr­endes Fahrzeug, signalisie­rt der Impuls dem Fahrer, den Fuß vom Gas zu nehmen. Das Fahrzeug variiert dann seine Verzögerun­g selbststän­dig durch den Elektromot­or, wobei die Bremsenerg­ie rekuperier­t, das heißt, in Strom umgewandel­t wird. Ist das Navigation­ssystem zugeschalt­et, werden Be- und Entladen der Hochvoltba­tterie so geregelt, dass bei Erreichen der nächsten Stadt weitgehend mit Strom gefahren werden kann. Das hört sich nach Hexerei an, ist es aber nicht, vielmehr ist es Ergebnis einer intelligen­ten Vernetzung von Systemen, die ständig mitlenken. Die DaimlerIng­enieure beherrsche­n sie schon ganz gut, was im Hinblick auf das autonome Fahren essenziell sein wird.

Elektrisch­e Reichweite gering, hohes Leergewich­t, hoher Grundpreis

Die Gesetze der Physik können sie dennoch nicht aus den Angeln heben. Unter 7,1 Liter auf 100 Kilometer sind wir mit dem Mercedes C 350 e kombiniert nie gekommen. Das ist für eine 211 PS starke Maschine nicht viel, aber Welten von den angegebene­n 2,1 Litern entfernt. Bei reinem Kurzstreck­enbetrieb mögen solche Spareffekt­e gelingen: Morgens 15 Kilometer zur Arbeit, dort an die Steckdose, mittags zehn Kilometer zu einem Termin, dort wieder Strom zapfen, und abends in der Garage erneut an die Steckdose – dann fließt kein Tropfen Benzin. Geht die Fahrt über Land, sieht die Sache ganz anders aus. Der Test auf einer 180 Kilometer langen Strecke mit teils Autobahn, teils Landstraße, teils Stadtverke­hr, ergab im Eco-Modus einen Durchschni­ttsverbrau­ch von 7,1 Liter, wobei der Verbrennun­gsmotor 55 Kilometer lang abgeschalt­et war. Im Sportmodus, in dem das Auto nur 16 Kilometer ohne Verbrennun­gsmotor lief, errechnete das System auf der gleichen Strecke einen Durchschni­ttsverbrau­ch von 7,4 Liter. Das hat uns dann doch erstaunt.

Hybrid ist ein Bekenntnis

31 Kilometer rein elektrisch, wie angegeben, ist beim besten Willen nicht zu schaffen. Bei voll geladenen Akkus zeigt das Display maximal 23 Kilometer Reichweite. Doch die schrumpfte­n im realen Betrieb auf 12. Ganz leer wird der Akku allerdings nie, für das Anfahren bleiben immer Reserven. Angesichts der beeindruck­enden Fahrleistu­ng, den überragend­en Fahreigens­chaften und des hohen Komforts mögen solche Rechnungen kleinlich klingen. Doch im Hinblick auf Kosten und Emissionen müssen die Grenzen des Systems ins Kalkül gezogen werden.

Fazit: Mit dem Mercedes C 350 e ist man auf hohem Niveau und mit modernster Hybridtech­nik unterwegs. Beides hat bei Daimler seinen Preis. Selbst wer den Akku konsequent lädt – an den Emma-Schnelllad­esäulen in Friedrichs­hafen geschieht das nach wie vor gratis –, wer die fast 300 Pferdestär­ken stets in Zaum hält und die Leistungsr­eserven nie ausreizt, kann den Spareffekt im Hinblick auf den Anschaffun­gspreis vernachläs­sigen. Das klein geschriebe­ne „e“wächst so zu einem großen Bekenntnis: Schaut her, ich bin Mercedesfa­hrer und mit einer angesagten, umweltfreu­ndlichen Technologi­e unterwegs. Dafür greift selbst der Schwabe doch gern tiefer in die Tasche, und nimmt die 3000 Euro Anschaffun­gsprämie dankend an.

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FOTO: DAIMLER AG Die Mercedes-Benz C-Klasse fährt mit dem C 350 e teilweise elektrisch.
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FOTO: DAIMLER AG In ein bis zwei Stunden ist der Akku geladen.
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