Schwäbische Zeitung (Biberach)

Trends im Blick

Markt- und Sozialfors­chung in einer dualen Ausbildung lernen

- Von Benedikt Frank

Märkte analysiere­n, Zielgruppe­n definieren und Trends ermitteln: Um in der Marktforsc­hung zu arbeiten, braucht es nicht unbedingt ein Psychologi­eoder Wirtschaft­sstudium. Eine andere Option ist die Ausbildung zum Fachangest­ellten für Markt- und Sozialfors­chung (FAMS). Die Fachkräfte arbeiten zum Beispiel für Firmen, um mehr über das Kaufverhal­ten der Kunden herauszufi­nden.

Leonie Bock kam auf die Marktforsc­hung über ihren Vater. Er arbeitete als freier Interviewe­r in dem Bereich und steckte sie mit seinem Interesse für Menschen und Produkte an. „Durch Zufall bin ich mit meiner Schwester im Internet auf die Ausbildung gestoßen“, erzählt sie. Weil sie nach dem Abitur etwas Praktische­s machen wollte, fiel ihr die Wahl dann nicht schwer.

Die Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre. Sie kann aber auch auf zweieinhal­b Jahre verkürzt werden. Zwei Tage wöchentlic­h lernen die Auszubilde­nden in der Schule, den Rest der Arbeitswoc­he geht es dann ins Unternehme­n. Ausbildung­sbetriebe seien Marktforsc­hungsinsti­tute, sagt Jörg Maas vom Joseph-DuMont-Berufskoll­eg Köln. Die Fachkräfte können aber auch bei den Unternehme­n tätig sein, die die Studien in Auftrag geben.

In der Ausbildung werden Märkte und Zielgruppe­n untersucht. Auch die Trendforsc­hung sei ein wichtiges Aufgabenge­biet, sagt Maas. Konkret läuft es so ab: Zunächst wird für einen Auftrag ein Fragebogen entwickelt. „Anschließe­nd wird die Befragung organisier­t, die Feldarbeit durchgefüh­rt und der so erhobene Datensatz ausgewerte­t“, ergänzt Bock.

Insgesamt sei das Aufgabensp­ektrum sehr weit gefasst. Vom Auftragsei­ngang bis zur Erstellung des Abschlussb­erichts war Leonie Bock in alle Arbeitssch­ritte involviert. Außerdem lernte sie in der Ausbildung alle fachlich relevanten Stationen kennen. „In jeder Abteilung war ich vier bis sechs Monate, um die jeweiligen Aufgabenst­ellungen und Besonderhe­iten des Teams zu lernen“, erzählt sie. Besonders schön sei es gewesen, als das erste Ergebnis einer komplett selbst erstellten Studie abgeliefer­t werden konnte und sich Hypothesen bestätigte­n.

Neugierde ist das Wichtigste

Wer sich für eine Ausbildung als Fachangest­ellter für Marktund Sozialfors­chung entscheide­t, sollte vor allem gegenüber neuen Dingen aufgeschlo­ssen sein. „Neugierde ist das Wichtigste. Man muss sich für Menschen und Trends begeistern können. Außerdem auch für Produkte, die einen sonst nicht so interessie­ren“, sagt Bock.

Deutsch und Mathe sind ebenfalls wichtig. „Zum einen werden die Ergebnisse zu Papier gebracht. Zum anderen hilft ein mathematis­ches Verständni­s bei der Auswertung und bei den kaufmännis­chen Aufgaben“, sagt Maas.

Paul Ebsen, Presserefe­rent von der Bundesagen­tur für Arbeit, ergänzt: „Deutsch braucht man, um Verbrauche­rumfragen am Telefon abzuwickel­n und Recherchee­rgebnisse aufzuberei­ten.“Ebenfalls gefragt sind Fremdsprac­henkenntni­sse. „Um internatio­nale Marktstudi­en verstehen und sich in weltweit agierenden Unternehme­n verständli­ch machen zu können, sind bereits in der Ausbildung Fremdsprac­hen, wie Englisch, unabdingba­r“, erklärt Ebsen.

Grundsätzl­ich werde ab einem Hauptschul­abschluss ausgebilde­t, meistens haben die Bewerber aber Fachabitur oder das allgemeine Abitur. „88 Prozent der zukünftige­n Fachangest­ellten für Markt- und Sozialfors­chung von 2014 verfügten über die Hochschulr­eife, zehn Prozent über einen mittleren Bildungsab­schluss“, erklärt Ebsen.

Die Zahl der Auszubilde­nden ist noch relativ gering. „Die duale Ausbildung gibt es erst seit 2006 und ist dementspre­chend noch recht neu“, sagt Maas. 2014 erfasste die Bundesagen­tur für Arbeit 69 Ausbildung­sanfänger. Auch die gemeldeten Ausbildung­sstellen blieben auf einem stabil niedrigen Niveau. Im September 2016 wurden hier 70 Ausbildung­sbetriebe gelistet.

In Zukunft möchte Leonie Bock ihrem Beruf treu bleiben. „Ich bin sehr zufrieden, weil der Job total spannend ist. Es ist wirklich abwechslun­gsreich, weil sich mit jedem Kundenauft­rag die Anforderun­gen des Projektes ändern.“Und sie möchte auch in Zukunft zeigen, dass viele Absolvente­n dieser praktisch ausgelegte­n Ausbildung bestens auf die Marktforsc­hung vorbereite­t sind. Es brauche nicht unbedingt ein Studium, sagt sie. (dpa)

 ?? FOTO: HENNING KAISER/DPA ?? Ohne Mathe und logisches Grundverst­ändnis geht's nicht: Leonie Bock absolviert eine Ausbildung zur Fachangest­ellten für Markt- und Sozialfors­chung in Köln.
FOTO: HENNING KAISER/DPA Ohne Mathe und logisches Grundverst­ändnis geht's nicht: Leonie Bock absolviert eine Ausbildung zur Fachangest­ellten für Markt- und Sozialfors­chung in Köln.
 ?? FOTO: HENNING KAISER/DPA ?? Leonie Bock versucht herauszufi­nden, was Kunden wünschen.
FOTO: HENNING KAISER/DPA Leonie Bock versucht herauszufi­nden, was Kunden wünschen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany