Schwäbische Zeitung (Biberach)
Neues Projekt gegen die Wohnungsnot
Caritas gründet Bündnis mit den Städten Ravensburg und Weingarten
RAVENSBURG - In Ravensburg und Weingarten ist der Wohnraum knapp – vor allem der bezahlbare. Dennoch stehen nach einer groben Schätzung im Mittleren Schussental mindestens 800 Wohnungen leer. Häufig geraten Objekte nicht auf den Markt, weil die Eigentümer sich mit der Vermietung überfordert fühlen oder Bedenken haben. Ein neues Projekt will das ändern.
Mit dem „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“wollen die Städte Ravensburg und Weingarten in den kommenden Jahren neue Wohnungen schaffen, die auch Normalsterbliche bezahlen können. Da die Umsetzung jedoch Jahre dauern wird, aktuell der Mietmarkt aber äußerst angespannt ist, unterstützen die beiden Kommunen die kirchliche Wohnraumoffensive „Herein“der Caritas BodenseeOberschwaben. Die Caritas weiß wiederum die katholischen Dekanate Friedrichshafen und Allgäu-Oberschwaben im Rücken.
Das Konzept ist neu, plausibel und eigentlich ganz einfach: Die Caritas will als Vermittler zwischen Vermietern und Mietern auftreten, beide Seiten vorab informieren und beraten und weder Vermieter noch Mieter über einen Vertragsabschluss hinaus alleine lassen. Für Vermieter soll es (finanzielle) Sicherheit geben und dauerhaft professionelle Unterstützung. Konkret heißt das: Wer eine leer stehende Wohnung hat, aber Bedenken, ob er diese vermieten soll oder nicht, kann sich an zwei Ansprechpartner bei der Caritas wenden, um in aller Ruhe über dieses Thema zu sprechen – völlig unverbindlich. Sollte man dabei einen Schritt weiterkommen, so sucht die Caritas potenziell passende Mieter aus, kümmert sich um alle Formalitäten und begleitet das neue Mietverhältnis, das zunächst auf ein Jahr befristet ist, sowohl auf Vermieter- wie auch auf Mieterseite weiter. Darüber hinaus garantiert die Caritas die regelmäßige Bezahlung der Mietkosten.
„Wohnen ist ein Menschenrecht“, sagte Ewald Kohler, Regionalleiter der Caritas Bodensee-Oberschwaben, am Montag bei der Vorstellung des Projekts, das sofort starten wird. Die Caritas sei massiv konfrontiert mit verzweifelten Menschen, die über Monate oder Jahre hinweg nach einer bezahlbaren Bleibe suchen, ohne Erfolg: „Diese Situation gefährdet den sozialen Frieden, weil bei diesen Menschen dauerhaft das Gefühl aufkommt, in dieser Gesellschaft nicht mehr dazuzugehören.“Angestrebt werde nun aber keine Caritas-Vermietungsgesellschaft, sondern eine enge Kooperation mit den Kommunen.
„Wir wollen in Ravensburg und Weingarten keine Zwangsabgabe auf leer stehende Wohnungen, wie das zum Beispiel in Tübingen und Freiburg Thema ist“, sagte Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald am Montag. Das neue Projekt wolle lieber Menschen, die unter Umständen zurückschrecken, dazu animieren, die leer stehende Einliegerwohnung doch wieder zu vermieten – und dabei professionelle Hilfe bieten. Ravensburgs Erster Bürgermeister Simon Blümcke verspricht sich durch das von der Caritas geplante umfassende Begleitprogramm, das auch nach dem Zustandekommen eines Mietvertrags nicht endet, mehr Erfolg als von einem „Appell im Mitteilungsblatt“, Eigentümer sollten doch bitte ihre leer stehende Wohnung wieder vermieten.
Ewald Kohler fasst das Anliegen, das genau mit Beginn der Adventszeit startet, so zusammen: „Wir wollen an die Nächstenliebe appellieren.“
Wer sich für das Projekt der kirchlichen Wohnraumoffensive „Herein“interessiert, kann sich bei der Caritas Bodensee-Oberschwaben melden unter Telefon 0751 / 35 90 89 13. Weitere Infos gibt es unter www.herein-kirche.de. Dort findet sich auch der Kontakt zu den direkt zuständigen Mitarbeitern. Nicht nur potenzielle Vermieter können sich melden, sondern auch Menschen, die dringend nach einer Wohnung suchen.