Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Am Fundament der Kirche muss die Musik spielen“
Zu dem Artikel „Die Arbeit der Kirche soll multimedial bekannt werden“(SZ vom 23. November) erreichte uns folgender Leserbrief:
Dem Bericht zufolge durfte sich der Diözesanrat wieder mit einem Jahresüberschuss von knapp 44 Millionen Euro (in den vergangenen sieben Jahren mehr als 188 Millionen Euro) auseinandersetzen. Schön könnte man sagen, wäre nicht die Situation der kirchlichen Strukturen so widersprüchlich.
Das Dach und das Obergeschoss des kirchlichen Gebäudes in der Diözese wird nach allen Regeln der Kunst ausgebaut und aufgebläht, das Fundament aber – die kirchlichen Gemeinden vor Ort – werden ausgehungert und dem Verfall preisgegeben.
Im Rechnungsabschluss 2016 wird bei der Diözese und dem Bistum Rottenburg-Stuttgart ein Vermögen von zusammen 1,372 Milliarden Euro ausgewiesen, wobei die Sachanlagen inklusive Grundstücke und Gebäude lediglich mit 11,1 Millionen Euro bewertet sind. Von den zu verteilenden Kirchensteuereinnahmen im Jahre 2016 in Höhe von 496 Millionen Euro wurde den Kirchengemeinden ein Betrag von 173 Millionen (93,7 Euro je Katholik) direkt zugewiesen, 248 Millionen Euro verbleiben bei der Zentralverwaltung in Rottenburg, die zur Zeit 1629 Beamte und Angestellte (Steigerung seit 2010 um 35 Prozent) und die pastoralen Mitarbeiter wie Priester und Ordenspriester (625), Pastoral- und Gemeindereferenten (543) in den Kirchengemeinden alimentiert, und der Rest wird dem Ausgleichsstock zugewiesen.
Anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass die Verteilung der Kirchensteuermittel einfach nicht mehr stimmt und dringend einer Reform bedarf. Bei den Kirchengemeinden müssen Strukturen aufgebaut werden, um die Priester von jeglichen Verwaltungsaufgaben zu entbinden. Es muss Luft und Spielraum bleiben für die pastoralen Kernaufgaben der Seelsorge vor Ort, um die noch zur Kirche stehenden 1,846 Millionen Katholiken auch persönlich, respektvoll und barmherzig – einfach menschlich – betreuen zu können.
Diese Grundelemente lassen sich durch eine multimediale Kirche nicht ersetzen. Wenn die Kirche eine Zukunft haben soll, dann muss an der Basis, also am Fundament der Kirche, die Musik spielen und nicht in der weit entfernten Zentrale in Rottenburg, wo jetzt bereits ein Verwaltungsapparat aufgebaut ist, der seinesgleichen sucht.
Franz Wohnhaas, Ochsenhausen