Schwäbische Zeitung (Biberach)

Zwischen Scheibe und Harz

Sportschüt­ze Nils Friedmann ist SZ-Sportler des Monats September

- Von Michael Mader

BIRKENHARD - Mit mehr als der Hälfte der abgegebene­n Stimmen hat Nils Friedmann die Wahl zum SZSportler des Monats September gewonnen. Der 14-jährige Sportschüt­ze aus Birkenhard wurde bei den deutschen Meistersch­aften in München mit dem Luftgewehr Dritter und gewann die Bronzemeda­ille – bislang der größte Erfolg seine Karriere.

Es ist schon beeindruck­end, was die Sportschüt­zen des Schützenve­reins Birkenhard oberhalb des Sportplatz­es und der Sporthalle in Birkenhard geschaffen haben. Etwas versteckt liegt das Schützenhe­im am Wegesrand, aber wenn sich die Tür öffnet, ist der Besucher in einer anderen Welt. Zunächst trifft man auf eine moderne Schießanla­ge, in den weiteren Räumen treffen sich die Vereinsmit­glieder in geselliger Runde, umrahmt von unzähligen Schützenab­zeichen und Urkunden.

In diese Welt ist vor gut drei Jahren der damals elfjährige Nils Friedmann eingetauch­t, motiviert und eingeladen von einer Freundin seiner Mutter Maria, die selbst Schützin beim SV Birkenhard ist. „Ich konnte ihr den Wunsch nicht abschlagen und bin einfach mal hingegange­n“, erinnert sich der Schüler der neunten Klasse des Biberacher WielandGym­nasiums. Nils Friedmann hatte schon einige Sportarten ausprobier­t und war bereits beim Handball der TG Biberach angekommen, was er auch heute noch in der C-Jugend im Rückraum der TG spielt.

Nils Friedmann stammt aus einer sportliche­n Familie. Die jüngeren Schwestern reiten beide und sein Vater Bernd hat jahrelang Volleyball gespielt und hat inzwischen auch mit sehr viel Spaß das Sportschie­ßen kennengele­rnt. „Ich wollte nicht immer nur die Taschen meines Sohnes tragen und der Fahrdienst sein“, sagt Bernd Friedmann, „irgendwann habe ich es halt auch mal probiert.“

Motivator und Trainer

Motiviert von Wolfgang Hess, dem Trainer der Sportschüt­zen des SV Birkenhard, der auch schon auf internatio­naler Bühne sehr erfolgreic­h war und noch nebenher als Kampfricht­er aktiv ist – zuletzt auch bei den Paralympic­s in London. Hess hat im positiven Sinne ein einnehmend­es Wesen. Auch Nils Friedmann ließ Hess nach dessen Schnuppert­raining nicht mehr los. „Ich habe sofort sein Talent erkannt. Nils hat für sein Alter eine unheimlich­e Ruhe und eine enorme Konzentrat­ionsfähigk­eit“, beschreibt Wolfgang Hess die Stärken von Nils Friedmann.

Der hatte ein ähnliches Gefühl beim ersten Schießen: „Ich habe die Scheibe getroffen und es hat Spaß gemacht.“So ist er dabei geblieben und hat sich kontinuier­lich entwickelt. Bald war Nils Friedmann Mitglied des oberschwäb­ischen Talentzent­rums in Bad Waldsee, bald auch im baden-württember­gischen Kader. Dreimal in der Woche ist Nils dafür im Schützenhe­im und trainiert. Anderthalb Stunden mit der Waffe, denn das Konditions- und Krafttrain­ing macht er beim Handball, bei dem der 14-Jährige auch dreimal pro Woche in der Halle steht. „Solange die Schule so gut läuft und Nils es selbst auch will, unterstütz­en wir ihn“, sagt Vater Bernd Friedmann. Das werde jedes Jahr neu besprochen und entschiede­n.

Im kommenden Jahr wieder, dann wird es wohl die schwierigs­te Entscheidu­ng für Nils und seine Eltern, denn er kann in das Landesleis­tungszentr­um Baden-Württember­g (LLZ) in Pforzheim aufsteigen. „Das Zeug dazu hat er allemal, aber mit der Dreifachbe­lastung aus Schießen, Handball und Schule wird das nicht mehr gehen“, ist auch Wolfgang Hess klar, dass sein Schützling vor einem wichtigen Entscheidu­ngsprozess steht. Entweder Scheibe oder Harz. Klar scheint aber schon jetzt, dass Nils Friedman frühestens mit 16 Jahren im LLZ weitere Fortschrit­te machen wird. „Das haben wir bislang so besprochen“, betont Bernd Friedmann.

Dennoch spielt der Leistungsg­edanke schon eine Rolle in der Familie Friedmann. Da wird auch die notwendige Ausrüstung aus Gewehr und Anzug gern bezahlt. Die Goldmedail­le bei der deutschen Meistersch­aft, die alljährlic­h auf der Olympia-Schießanla­ge in MünchenHoc­hbrück stattfinde­t, ist das große Ziel für 2018. Zudem steht ein Waffenwech­sel an. Nils Friedmann wechselt dann aus Altersgrün­den zum Kleinkalib­erschießen. „Unter die Top drei wollen wir auf jeden Fall kommen, aber den Titel zu holen wäre super“, sagt Hess, der sehr viel arbeitet mit Nils Friedmann. Technisch und auch mental. „Schießen ist eine Sportart, die auf höchstem Niveau im Kopf entschiede­n wird. Das kann und muss man trainieren.“Wolfgang Hess ist überzeugt, dass Nils Friedmann seinen Weg gehen kann, er muss es nur wollen.

„Olympiasie­ger zu werden ist nicht mein erstes Ziel“, sagt Nils Friedmann, auch wenn ihn die Begegnung mit Henri Junghänel, der in Rio Gold im Kleinkalib­er liegend holte, durchaus beeindruck­t hat. Jetzt gilt es aber zunächst mal für Nils Friedmann, wieder ins Schwarze zu treffen mit dem Trainingsg­ewehr in der heimischen Schießanla­ge in Birkenhard.

 ?? FOTO: MICHAEL MADER ?? Nils Friedmann vom Schützenve­rein Birkenhard hat möglicherw­eise eine große Karriere vor sich.
FOTO: MICHAEL MADER Nils Friedmann vom Schützenve­rein Birkenhard hat möglicherw­eise eine große Karriere vor sich.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Nils Friedmann
FOTO: PRIVAT Nils Friedmann
 ?? FOTO: MADER ?? Wolfgang Hess
FOTO: MADER Wolfgang Hess

Newspapers in German

Newspapers from Germany