Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Medienklau­sel“wirft Fragen auf

Sollen Pressevert­reter Zutritt zu jeder politische­n Veranstalt­ung in den städtische­n Hallen haben?

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Vertagt hat der Hauptaussc­huss des Gemeindera­ts die Einführung einer sogenannte­n Medienklau­sel für städtische Veranstalt­ungshallen. Diese besagt, dass eine Hallenverm­ietung an Parteien und andere Organisati­onen mit politische­r Zielrichtu­ng nur dann erfolgt, wenn Medienvert­retern der Zugang zur Berichters­tattung ermöglicht wird. Die Stadträte stimmten damit zwar überein, sahen aber ein Problem darin, wie man bei Klausurtag­ungen von Parteien oder anderen politische­n Gremien verfahren soll, die in der Regel nichtöffen­tlich stattfinde­n.

Anlass für die Medienklau­sel waren Veranstalt­ungen der AfD, unter anderem beim Landespart­eitag in Kehl im November 2016, bei denen Medienvert­reter ausgeschlo­ssen wurden. Daraufhin hatte die Stadt Gerlingen (Kreis Ludwigsbur­g) im Mai ihre Hallenordn­ung dahingehen­d ergänzt, dass bei politische­n Veranstalt­ungen in städtische­n Hallen die Teilnahme von Medienvert­retern gestattet werden muss. Der Städtetag Baden-Württember­g hatte seine Mitglieder im Sommer über die „Gerlinger Medienklau­sel“informiert und mitgeteilt, dass eine zweistelli­ge Zahl an Städten diesem Beispiel bereits gefolgt ist, darunter auch Rottweil, Ravensburg und Weingarten.

Die Biberacher Stadtverwa­ltung hat dem Hauptaussc­huss diese Woche vorgeschla­gen, für Stadthalle, Gigelbergh­alle, Komödienha­us und Stadtbierh­alle ebenfalls eine solche Klausel in die Miet- und Benutzungs­ordnung aufzunehme­n. Es gehe darum, dass die demokratis­chen Prinzipien in Hallen, die mit öffentlich­en Geldern finanziert werden, nicht ausgehebel­t werden könnten, so die Verwaltung in ihrer Vorlage. Bei Nichtbeach­tung der Klausel sollte eine Konvention­alstrafe in doppelter Höhe der Saalmiete oder ein Rücktritt vom Mietvertra­g möglich sein.

„Selbstvers­tändliche Prozesse“

Von SPD- und Grünen-Fraktion gab es Zustimmung zu der Medienklau­sel. „Für uns geht es hier um selbstvers­tändliche demokratis­che Prozesse“, sagte SPD-Rat Bruno Mader. Die Bedeutung, dass Pressefrei­heit eines der größten Grundrecht­e sei, müsse man gerade aktuell an gegenteili­gen Beispielen wieder deutlich erfahren. Dem schloss sich Manfred Wilhelm (Grüne) an.

CDU und Freie Wähler waren sich darüber einig, dass Großverans­taltungen von Parteien in städtische­n Hallen natürlich öffentlich – und damit auch zutrittsbe­rechtigt für Medienvert­reter – sein müssten, sahen aber Probleme in den Details. „Was machen wir mit parteiinte­rnen Veranstalt­ungen?“, fragte Peter Schmogro (CDU). Sei eine Klausurtag­ung, die ja für gewöhnlich hinter verschloss­enen Türen stattfinde, dann überhaupt noch möglich? Im Übrigen regte er an, eine Medienklau­sel nicht nur für politische, sondern auch für religiöse und weltanscha­uliche Veranstalt­ungen aufzunehme­n.

Die Frage der Klausurtag­ungen trieb auch Marlene Goeth (Freie Wähler) um. „Klausurtag­ungen, beispielsw­eise von Parteien oder dem Gemeindera­t, sollten auch in städtische­n Hallen möglich sein“, sagte sie, wir warnen hier vor einer zu starken Reglementi­erung.“Nicht alles, was andere Städte machten, habe Vorbildcha­rakter, so Goeth. Sie wollte wissen, ob es bisher schon Konflikte in Biberach gegeben habe, weil Medienvert­reter nicht zu Veranstalt­ungen gelassen wurden.

Er wisse von einem Fall, bei dem ein Medienvert­reter keinen Zutritt erhalten habe, sagte Kulturamts­leiter Klaus Buchmann. Nehme man die Medienklau­sel so wie vorgeschla­gen in die Mietverträ­ge der Hallen auf, „würde eine politische Klausurtag­ung unter Medienauss­chluss dort nicht stattfinde­n können“. Der Gemeindera­t müsse entscheide­n, ob er der Verwaltung die Möglichkei­t geben wolle, Veranstalt­ungen unter bestimmten Voraussetz­ungen abzulehnen, sagte Buchmann. „Im Zweifelsfa­ll kriegen wir nachher Haue, wenn bei uns Veranstalt­ungen stattfinde­n, die sich im politische­n Randbereic­h bewegen.“

Weil sich eine Antwort auf die Fragen in der Sitzung nicht finden ließ, wurde das Thema auf Vorschlag von Oberbürger­meister Norbert Zeidler vertagt. Man werde hierzu Rücksprach­e mit dem Städtetag halten, kündigte er an.

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