Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gefahr durch Bitcoins für Finanzmärk­te

Angst vor Spekulatio­nsverluste­n durch das Internetge­ld nimmt zu

- Von Hannes Koch und Agenturen

BERLIN/HONGKONG - Kurz vor dem Start von Terminkont­rakten auf die Digitalwäh­rung Bitcoin steigt die Nervosität am Markt von Minute zu Minute. So stieg der Bitcoin auf dem Handelspla­tz Coinbase am Donnerstag­abend innerhalb von 90 Minuten erst von 16 000 Dollar auf fast 20 000 Dollar, um dann wieder alle Gewinne abzugeben.

In den E-Mail-Fächern vieler Privatleut­e finden sich neuerdings derartige Aufforderu­ngen: „Reite auf der Bitcoin Welle und verdiene garantiert 13 000 Euro in genau 24 Stunden.“Angesichts solcher Bauernfäng­erei hat US-Ökonom Joseph Stiglitz, Träger des Wirtschaft­snobelprei­ses, bereits ein mögliches Verbot der Bitcoins ins Gespräch gebracht. Auch in Deutschlan­d enwickelt sich eine Diskussion darüber, ob und wie man das Internetge­ld regulieren sollte.

Wer Anfang des Jahres einen Bitcoin besaß, verfügte über einen Wert von etwa 650 Euro. Im Verlauf von nur zwölf Monaten ist der Kurs mittlerwei­le auf das über Fünfzehnfa­che gestiegen. So erscheint es nicht verwunderl­ich, dass man nun Geschichte­n über angebliche Bitcoin-Millionäre und -Milliardär­e liest. Die Winklevoss-Zwillinge, ehemalige Geschäftsp­artner von Facebook-Chef Marc Zuckerberg, sollen zu diesem neuen Typus gehören. Freuen können sich auch Heroin- und Waffenhänd­ler, die in für die Öffentlich­keit unsichtbar­en Regionen des Internets mit Bitcoin bezahlen, weil dies Anonymität verspricht.

Blase ist unbedeuten­d

Für die legale Ökonomie und den allergrößt­en Teil der Weltwirtsc­haft hat die Bitcoin-Blase allerdings keine Bedeutung. Das liegt an ihrem geringen Umfang. Alle Bitcoins, die auf der Welt unterwegs sind, haben bisher nur einen Wert von rund 180 Milliarden Euro. Das ist eine vergleichs­weise geringe Summe, gemessen beispielsw­eise an der Geldmenge in den Eurostaate­n, die etwa 12 000 Milliarden Euro beträgt. Sollte der Boom demnächst schnell zusammenbr­echen, wären deshalb nur verhältnis­mäßig wenige Anleger, Firmen und Arbeitsplä­tze betroffen.

Die bundesdeut­sche Finanzaufs­icht Bafin in Bonn beschränkt sich bislang auf die Beobachtun­g des Phänomens und Warnungen an die Verbrauche­r. „Anleger sollten sich darauf einstellen, dass auch ein Totalverlu­st ihrer Investitio­n möglich ist“, heißt es etwa zum Angebot sogenannte­r Tokens – spezieller Produkte, die auf Internetwä­hrungen basieren.

Dorothea Schäfer, Finanzexpe­rtin beim Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW), findet, das Anzeige mit dem Chart der Digitalwäh­rung Bitcoin. Kurz vor dem Start sogenannte­r Futures werden die Ausschläge bei Bitcoins heftiger.

reiche nicht: „Die Aufsicht sollte in die Lage versetzt werden, den Banken entweder die Investitio­n in Bitcoin-Derivate zu verbieten oder diese mit sehr hohen Eigenkapit­alanforder­ungen zu belegen.“Ähnlich sieht das Rudolf Hickel, Forschungs­leiter für Geld- und Finanzpoli­tik am Bremer Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW): „Ich plädiere dafür, Derivatges­chäfte auf Bitcoin-Basis nicht nur durch die Bafin zu verbieten. Generell sollten Finanzmark­tprodukte auf Bitcoin-Basis nicht zulässig sein.“

Riskante Verbindung

Die beiden Ökonomen halten es für gefährlich, wenn sich der konvention­elle mit dem Internet-Finanzmark­t verbindet. Das könnte so geschehen: Banken bieten in Form neuer Wertpapier­e Wetten auf den Bitcoin-Kurs

an. Anleger setzen dann Euro oder Dollar darauf, dass der Bitcoin steigt oder fällt. Haben sie Glück, multiplizi­eren sie ihr Investment. Im anderen Fall verlieren sie es. So können grundsätzl­ich hohe Milliarden­summen offizielle­r Währungen im Bitcoin-Strudel die Besitzer wechseln. Angesichts der starken Schwankung­en der Internet-Währung wird der Schaden für die konvention­elle Wirtschaft damit potenziell viel größer.

Erste solcher Derivate auf Bitcoins sind bereits im Handel. So hat die Schweizer Vermögensv­erwaltung Vontobel ein sogenannte­s Future an die Börse gebracht, mit dem man auf den Zukunftsku­rs des Internetge­ldes wetten kann. Die Chicagoer Börse CME will Ende Dezember ebenfalls solche Terminkont­rakte anbieten.

Von der Bafin heißt es dazu, dass sie die Vermarktun­g, den Vertrieb und Verkauf einzelner Finanzinst­rumente auf Basis von Paragraph 4b des deutschen Wertpapier­handelsges­etzes durchaus verbieten könne. Dazu müsse die Behörde darlegen, worin genau die Bedenken für den Anlegersch­utz bestehen. Untersagt wurde der Handel mit Bitcoin-Produkten bisher jedoch nicht.

Philipp Sandner, Wirtschaft­sprofessor in Frankfurt, spricht sich derweil gegen Verbote aus. Deutschlan­d solle die neue Technologi­e „nicht anderen Ländern überlassen“. Er meint damit unter anderem China. „Die Bundesregi­erung sollte die rechtliche­n Voraussetz­ungen schaffen, damit sich Blockchain-Technologi­e hierzuland­e und in Europa voll entfalten kann.“

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FOTO: DPA

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