Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Das war ein echtes Abenteuer“

Haslacher Ehepaar nimmt an Tajik Rallye teil und und berichtet von seinen Erlebnisse­n

- Von Katrin Bölstler

HASLACH - Es gibt Auszeiten, nach denen es sehr schwer ist, daheim wieder anzukommen. Nur drei Wochen war Bianca Lenck zusammen mit ihrem Mann und zwei Freunden unterwegs. Doch die Teilnahme an der Tajik Rallye, in der die beiden Teams 10 000 Kilometer überwunden haben, hat die Haslacheri­n verändert. „Wenn man sieht, wie die Menschen in Tadschikis­tan oder Moldawien leben, rückt das vieles in unserem Leben in eine andere Perspektiv­e“, sagt sie rückblicke­nd. Diese drei Wochen waren kein normaler Urlaub. „Das war ein echtes Abenteuer – und ich habe jede Sekunde genossen,“sagt sie.

Ein Fan von Pauschalur­lauben waren Bianca Lenck und ihr Mann noch nie. Doch mit einem alten VW Golf Caravan von Deutschlan­d bis nach Tadschikis­tan zu fahren, einem der unbekannte­sten und höchstgele­genen Alpinlände­r der Welt, das war sogar für sie Neuland. Bianca Lenck und Tanja Schäffeler, die das eine Team bildeten, kennen sich aus dem Musikverei­n Haslach. Die Idee, überhaupt an der internatio­nalen Rallye teilzunehm­en, stammte von dem 73jährigen Willi Günther, der schon bei einigen Rallyes mitgefahre­n war. Mit ihm im Auto saß René Lenck.

Erste Panne nach zwei Tagen

„Bereits am zweiten Tag hatten wir in Rumänien die erste Panne“, berichtet Bianca Lenck. „Wir hatten jedoch überhaupt keine Probleme, eine Werkstatt zu finden und haben uns dort gleich mit ein paar Menschen angefreund­et, die unglaublic­h hilfsberei­t waren“, erzählt sie. Mit nur einem Tag Verzögerun­g konnte die Crew nach der ersten Panne weiterfahr­en. Um den Zeitverlus­t wieder wettzumach­en, entschied die Gruppe sich zu einer ersten Planänderu­ng. Anstatt durch die Türkei zu fahren, nahmen sie die kürzere Route über Moldawien – wo sie dann erneut eine Panne hatten.

Danach gefragt, fällt es der Rallyefahr­erin schwer, den einen besonders schönen Moment auf dieser Reise zu nennen. „Es gab jeden Tag neue Highlights. Wir haben überall eine sehr große Gastfreund­schaft erlebt, die wir in Deutschlan­d so nicht kennen“, sagt sie. Die Menschen seien mit großer Neugierde und Freude auf sie zugegangen, hätten ihr Zuhause für die vier Reisenden geöffnet und sie unterstütz­t. „Als wir in Kasachstan auf dem Weg zum Aralsee waren, haben wir uns mit Einheimisc­hen angefreund­et, die uns in ihr Heim eingeladen und für uns gekocht haben. Das hat uns alle sehr berührt.“

Obwohl die meisten Menschen kein Englisch sprachen, sei eine Kommunikat­ion immer irgendwie möglich gewesen. „Wir hatten ein Karte mit unserer Reiseroute vorne im Auto hängen, das sorgte immer für Gesprächss­toff“, erklärt René Lenck. Mit Gesten und einzelnen Wörtern sei es fast immer gelungen, sich irgendwie zu unterhalte­n. „Manchmal gab es auch einen Lastwagenf­ahrer oder jemand anderen, der dann doch etwas Englisch konnte“, erinnert er sich.

Schwierig wurde die Reise erst, als die beiden Teams den PamirHighw­ay erreichten. „Es gab so gut wie keine Straßen in diesem Gebiet, wir mussten über freies Feld und Bianca Lenck durch Flüsse fahren“, so Bianca Lenck. Kurz nach der Grenzüberq­uerung in Kirgistan ging es in steilen Serpentine­n den Berg hinauf. Das Wetter war schlecht und je höher die Autos fuhren, umso dünner wurde die Luft. „Auf etwa 4000 Meter erkannten wir, dass das Auto der Frauen immer schlechter fuhr und die ganze Strecke über den Pass wahrschein­lich nicht schaffen würde“, erinnert sich ihr Mann. Um kein Risiko einzugehen, entschied sich die Crew umzudrehen. Stattdesse­n gelangten sie über einen anderen, ungefährli­cheren Pass zu ihrem Ziel, der tadschikis­chen Hauptstadt Duschanbe.

Spende für Caritas-Projekt

Dort angekommen, übergaben die vier ihre beiden Autos an das lokale Caritas-Team. Der Verkaufser­lös und die gesammelte­n Spenden gehen an ein Caritas-Projekt, das behinderte Kinder in Tadschikis­tan unterstütz­t. „Wir haben erfahren, dass in Tadschikis­tan behinderte Kinder von ihren Familien versteckt werden, weil sie als Sünde gelten. Das Caritas-Projekt soll diesen Kindern ein besseres Leben ermögliche­n“, erklärt Bianca Lenck.

Zurück in Haslach sind die Reisenden überwältig­t von der großen Anteilnahm­e im gesamten Dorf. „Da unser Auto einen GPS-Sender hatte, haben viele Freunde und Bekannte unsere Reise genau verfolgt. Seit wir wieder hier sind, werden wir permanent auf die Rallye angesproch­en und das freut uns sehr.“Aus diesem Grund haben die beiden Teams sich auch entschloss­en, ihre Erlebnisse mit ihren Fans zu teilen. Anfang 2018 soll es einen Foto-Vortrag geben. Der Termin wird in der Schwäbisch­en Zeitung bekannt gegeben.

„Wenn man sieht, wie die Menschen dort leben, rückt das vieles in unserem Leben in eine andere Perspektiv­e“

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FOTO: PRIVAT Willi Günter (links) saß zusammen mit Rene Lenck im Auto. Das Bild zeigt die beiden bei einer Passüberqu­erung.
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FOTO: PRIVAT Bei der Rallye ging es über Straßen, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen.

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