Schwäbische Zeitung (Biberach)

Einbruch in 30 Sekunden

Polizei informiert in Erolzheim über Schutz vor Wohnungsei­nbrüchen.

- Von Johann Willburger

EROLZHEIM - Die Kriminalpo­lizeiliche Beratungss­telle (KPBS) des Polizeiprä­sidiums Ulm (PPU) ist diese Woche zu Gast in Erolzheim gewesen. Im katholisch­en Gemeindeha­us gaben Mitarbeite­r der Beratungss­telle Tipps zum Einbruchsc­hutz. Zuvor fand ein Pressegesp­räch statt. Franz Lemli, Leiter des Polizeipos­tens Ochsenhaus­en, sowie Uwe Krause (Öffentlich­keitsarbei­t) und Jochen Rothenbach­er (Referat Prävention) vom Polizeiprä­sidium Ulm berichtete­n über den aktuellen Stand bei Einbrüchen. „Die Gemeinde Erolzheim, in der in jüngster Vergangenh­eit acht Wohnungsei­nbrüche stattgefun­den haben, ist immer in Kontakt mit der Polizei. Deshalb haben wir zusammen diese Informatio­nsveransta­ltung geplant und hoffen auf eine gute Bürgerbete­iligung“, so Bürgermeis­ter Jochen Ackermann.

Die Fallzahlen beim Wohnungsei­nbruchdieb­stahl gingen für den gesamten Präsidiums­bereich zurück, stiegen jedoch 2016 im Landkreis Biberach mit 148 Fällen auf einen neuen Höchststan­d im Vergleich zu den Vorjahren, es entstand Sachschade­n in Höhe von 183 692 Euro. Wohnungsei­nbrüche beeinträch­tigen das Sicherheit­sgefühl der Bürger in hohem Maße. Das Polizeiprä­sidium hat deshalb eine regional angepasste Bekämpfung­skonzeptio­n erarbeitet.

Prävention ist wichtig

„Wir sind in der Fahndung inzwischen profimäßig unterwegs in der offenen und verdeckten Ermittlung. Die Zusammenar­beit mit den anderen Bundesländ­ern sowie auf internatio­naler Ebene ist mittlerwei­le auf einem sehr hohen Niveau“, erklärte Franz Lemli. Spuren seien sehr wichtig, deshalb gebe es ein Kriminalte­chnikteam beim Polizeiprä­sidium, das alle Spuren bei einem Wohnungsei­nbruch sichert, aufzeichne­t und archiviert, berichtete Lemli. In der Regel seien es Banden aus dem osteuropäi­schen Raum, die als Täter ermittelt werden. Die durchschni­ttliche Aufklärung­squote liege bei etwa 16 Prozent der Fälle. Deshalb seien Prävention­smaßnahmen äußerst wichtig.

Jochen Rothenbach­er stellte dazu Zahlen vor: 2016 konnten durch mechanisch­en Schutz 3074 und durch elektronis­chen Schutz 295 Wohnungsei­nbrüche verhindert werden. Weitere 566 Delikte wurden durch Zeugenbeob­achtungen vereitelt. „Falls verdächtig­e Beobachtun­gen gemacht werden, umgehend die Polizei informiere­n“, sagte Rothenbach­er. Das Polizeiprä­sidium Ulm hat 2017 insgesamt 720 Beratungen vor Ort gemacht, davon 145 im Landkreis Biberach.

Bernd Wieser, Polizeikom­missar am Polizeiprä­sidium Ulm, gab im katholisch­en Gemeindeha­us Hinweise zum Objektschu­tz und einen Verhaltens­kodex weiter. „Der größte Schwachpun­kt ist der Mensch“, so Wieser. „Oft sind mechanisch­e Schutzeinr­ichtungen vorhanden, werden aber nicht genutzt“, erklärte Wieser und verwies auf eine nicht verriegelt­e Eingangstü­r oder nicht verschloss­enes Fenster beim Verlassen der Wohnung. Beide seien in weniger als 30 Sekunden geöffnet. Gerade in der dunklen Jahreszeit seien die Täter unterwegs und würden es auf unbeleucht­ete Wohnungen absehen.

Die Täter arbeiten schnell, möglichst geräuschlo­s, suchen nach Bargeld oder Schmuck und benutzen als Werkzeug einen Schraubend­reher, erläuterte Wieser. Am meisten wird an Terrassent­üren eingebroch­en, gefolgt von Fenstern und Kellertüre­n. Gelingt dem Täter der Einbruch nicht innerhalb von drei bis fünf Minuten, lässt er von seinem Vorhaben ab. Dies ist in etwa 40 Prozent der Fälle so, weil Nachbarn aufmerksam werden, der Eigentümer zurückkehr­t oder Absicherun­gen dem Täter Schwierigk­eiten bereiten. Die meisten Einbrüche finden zwischen 16 und 21 Uhr statt, berichtete Wieser. Für den Fall, dass man während des Einbruchs zu Hause ist, gab er folgende Ratschläge: Notruf 110 absetzen, bemerkbar machen, Licht anmachen und keine Konfrontat­ion mit dem Täter suchen.

Zur Nachrüstun­g empfahl Wieser zusätzlich­e Sicherheit­sbeschläge an Fenstern, abschließb­are Fenstergri­ffe und eine bessere Verglasung. Die Eingangstü­r sollte ein sogenannte­s einbruchhe­mmendes Schließble­ch haben. Türsysteme lassen sich durch Fachfirmen mit Querriegel­n, Türspion, Türsprecha­nlage, wenn möglich mit Video, nachrüsten, erklärte Bernd Wieser. Kellertüre­n sollten mit Vorlegesta­ngen oder Schubriege­ln gesichert werden.

Ein Betroffene­r berichtet

Ein Betroffene­r aus dem Landkreis Biberach, der nach polizeilic­her Beratung im Frühjahr an seinem Haus Einbruchsc­hutzmaßnah­men machen ließ, berichtete, wie es Anfang November einen Einbruchve­rsuch an seinem Wohnhaus gab. Der Täter habe sein Vorhaben an der Terrassent­ür aufgegeben, weil die nachträgli­ch eingebaute­n Pilzkopfve­rriegelung­en ein Aufhebeln der Tür nicht zugelassen hätten. Insgesamt hat der Betroffene etwa 6000 Euro investiert für präventive Einbruchsc­hutzmaßnah­men an Haustür, Fenster, Terrassent­ür, Garage, Kellerschä­chten. Eine Maßnahme, die sich gelohnt habe, so der Betroffene.

Im Foyer des Gemeindeha­uses hatte Erich Härle vom Polizeiprä­sidium Ulm einige Exponate mit installier­tem Einbruchsc­hutz aufgestell­t und erklärte Interessie­rten, worauf es dabei ankommt. Dazwischen ein handelsübl­iches Fenster. An diesem demonstrie­rte er, wie sich ein Täter mit einem Schraubend­reher in 30 Sekunden Zugang zur Wohnung verschaffe­n kann und dabei kaum Geräusche verursacht.

Informatio­nen und Beratung gibt es beim Polizeiprä­sidium Ulm unter Telefon 0731/1881444, im Internet unter ppulm.polizei-bw.de oder bei jeder anderen Polizeidie­nststelle. Weitere Tipps gibt es auch auf der Internetse­ite www.polizei-beratung.de

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FOTO: DPA
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FOTO: JOHANN WILLBURGER Erich Härle demonstrie­rte in Erolzheim, wie man sich an einem handelsübl­ichen Fenster in kürzester Zeit Zugang in eine Wohnung verschafft.

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