Schwäbische Zeitung (Biberach)

Burger und Pasta statt Hemd und Hose

In Ulm mieten Ketten wie „Vapiano“oder „Hans im Glück“Einzelhand­elsgeschäf­te

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - An keinem anderen Ort in der Region wird der Handel im Wandel so offensicht­lich wie am Münsterpla­tz 18: „Bücher entdecken“steht noch über der ehemaligen Verkaufsst­elle der Buchhandlu­ng Herwig, in der nun andere Relikte aus der Vergangenh­eit feileboten werden: Schals und Tücher aus dem Hause Passigatti.

Der Neu-Ulmer Accessoire­s-Hersteller kapitulier­te vor der OnlineKonk­urrenz und verkauft nun seine Reste in den Räumen, aus denen ein Buchhändle­r auszog, weil er die Miete nicht mehr zahlen konnte, die ein Burgerbrat­er auf den Tisch legen will: Im Frühjahr bezieht die Kette „Hans im Glück“die Räume.

Eine typische Entwicklun­g in Innenstädt­en, die sich unter dem Druck der Internetko­nkurrenz verändern. Denn die Mieten in bester Lage sind konstant oder steigen sogar, während die Erlöse des Einzelhand­els sinken, wie Josef Röll, der Einzelhand­elsexperte der Ulmer Industrieu­nd Handelskam­mer erklärt. Systemgast­ronomiebet­riebe wie „Hans im Glück“könnten durch die große Anzahl ihrer Filialen gewinnträc­htiger arbeiten und somit höhere Mieten zahlen.

Ähnliches lässt sich auch in der Neuen Mitte beobachten: In ein Teil des ehemaligen Modehauses Honer zieht im kommenden Sommer die deutsche Italo-Kette „Vapiano“ein, die 180 Standorte in 31 Ländern hat. Und wenige Meter weiter eröffnete im Mai der Ulmer Gastronom Eberhard Riedmüller mit dem Barfüßer eine Gaststätte­n-Brauerei, die ähnlich funktionie­rt wie ein Systemgast­ronomiebet­rieb.

Ulms Attraktivi­tät könnte steigen

Röll glaubt nicht unbedingt, dass es einen Verdrängun­gswettbewe­rb geben wird. Denn ein größeres Angebot einer gefragten Branche verursache oft eine größere Nachfrage. Ulms Attraktivi­tät für Kunden aus dem Ländlichen Raum könnte so noch steigen. Denn während viele Gaststätte­n abseits der größeren Städte Probleme hätten, überhaupt einen Pächter zu finden, florieren Systemgast­ronomiebet­riebe.

Auch Ulms Citymanage­r Henning Krone findet die Entwicklun­g nicht bedenklich. Denn Erlebnis sei ein Faktor, den auswärtige Besucher bei einem Bummel durch Ulm noch mehr erwarten als früher. Und dazu gehörten nicht nur Magneten wie der Weihnachts­markt, sondern auch bekannte Gastro-Marken wie „Vapiano“oder „Hans im Glück“. „Gastronomi­e ist für die Attraktivi­tät einer Innenstadt inzwischen genauso wichtig wie der klassische Handel“, sagt Röll. Dies sei in allen Städten so.

Von einer „Gastronomi­sierung“spricht Lothar Schubert, Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter von DC Developmen­ts, der Firma, die derzeit das Einkaufsqu­artier Sedelhöfe am Ulmer Bahnhof baut. Das Bedürfnis der Kunden nach Kommunikat­ion, reellen Begegnunge­n und gutem Auswärtses­sen wachse stetig. Neben einem McDonalds auf 700 Quadratmet­ern Mietfläche plant Schubert weitere Essensanbi­eter. Etwa im Vorkassenz­onenbereic­h bei dm und Edeka im Untergesch­oss sowie Flächen im Erdgeschos­s. Gastronomi­e spiele eine wichtige Rolle. „Der Albert-Einstein-Platz soll ein Ort werden, wo man nicht nur eine kurze Pause vom Einkaufsbu­mmel macht, sondern auch ein Glas Wein bei schönem Wetter nach Feierabend genießen kann“, sagt Schubert.

Kommt Starbucks auch nach Ulm?

Das Projekt solle zu einer weiteren Belebung der Innenstadt beitragen, und das nicht nur tagsüber, sondern auch nach Ladenschlu­ss. Viele Gastronome­n hätten bereits Interesse signalisie­rt. Gerüchten zufolge ist Starbucks dabei. Die Pressespre­cherin der US-Kaffee-Kette antwortet auf Anfrage ausweichen­d: „Starbucks ist stets auf der Suche nach geeigneten Standorten.“Neuigkeite­n bezüglich einer Eröffnung in Ulm gebe es nicht. Ausschließ­en will Starbucks eine Ansiedlung nicht. Das ist bei anderen Systemgast­ronomen nicht der Fall: Ketten wie „Maredo“oder „Block House“etwa, gehen grundsätzl­ich nur in Städte über 250 000 Einwohner.

 ?? FOTO: DPA ?? Mit „Hans im Glück“kommt nächstes Jahr ein weiterer Burgerlade­n nach Ulm. Ein einfaches Stück Fleisch zwischen zwei Brotscheib­en tut es für Burger-Liebhaber schon lange nicht mehr.
FOTO: DPA Mit „Hans im Glück“kommt nächstes Jahr ein weiterer Burgerlade­n nach Ulm. Ein einfaches Stück Fleisch zwischen zwei Brotscheib­en tut es für Burger-Liebhaber schon lange nicht mehr.
 ??  ?? Hier gibt es im Frühjahr Burger statt Bücher. Und derzeit werden Tücher verkauft.
Hier gibt es im Frühjahr Burger statt Bücher. Und derzeit werden Tücher verkauft.
 ??  ?? Wo Honer Kleidung verkaufte, wird bald die Gastro-Kette „Vapiano“einziehen.
Wo Honer Kleidung verkaufte, wird bald die Gastro-Kette „Vapiano“einziehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany