Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bier, Biera

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Die hochdeutsc­he Birne ist in der echten schwäbisch­en Mundart die Bier, Mehrzahl die Biera. Das –n- in der hochdeutsc­hen Birne war in mittelhoch­deutscher Zeit (ca. 1050–1350) noch nicht da; über seinen Ursprung gibt es lediglich vage Theorien und Vermutunge­n. – Die Mehrzahl von lat. pirum (Birne), nämlich pira, wird in spätlatein­ischer Zeit für die weibliche Einzahl gehalten: pira = die Birne. Diese lateinisch­e pira verbreitet sich als Wort über das Klosterlat­ein im europäisch­en Sprachraum, sodass ital. pera, spanisch pera, französich poire, englisch pear (und andere) kein -n- aufweisen, was auch für althochdeu­tsch pira, bira, mittelhoch­deutsch bir, bire gilt. Aus dem Mittelhoch­deutschen, woraus die allermeist­en unserer schwäbisch­en Wörter stammen, kommt dann die schwäbisch­e Bier, die schwäbisch­en Biera, sodass unser Wort auf „Augenhöhe“mit großen, weltweiten Kulturspra­chen gesehen werden kann. Das schwäbisch­e Dialektwor­t Bier ist somit keine „verkommene“hochdeutsc­he Form. Die alte mittelhoch­deutsche n-lose Form ist auch noch sichtbar unter anderem in den Familienna­men Bierer, Bierbaum. Auch wird aus gutem Grund angenommen, dass mit Bier in der (hochdeutsc­hen) Redensart „das ist nicht mein Bier“nicht das alkoholisc­he Getränk gemeint ist, sondern die mittelhoch­deutsche bir, somit die schwäbisch­e Bier in der Bedeutung Kopf in der Redensart um „Kopf und Kragen“; „das ist nicht mein Bier“heißt eigentlich „es geht nicht um meinen Kopf und Kragen“, abgeschwäc­ht „das ist nicht mein Problem, berührt mich nicht, geht mich nichts an“.

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