Schwäbische Zeitung (Biberach)

Einblick in Biberachs ältestes Wohnhaus

Am Gebäude Schulstraß­e 26 gab es im Lauf der Jahrhunder­te viele Umbauten.

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Seit klar ist, dass Teile des Gebäudes in der Schulstraß­e 26 in Biberach aus dem Jahr 1316 stammen, reden die Ersten schon von einem „Juwel“. Bis es das (wieder) ist, dürfte noch einige Zeit vergehen, wie ein Rundgang durch das Haus zeigt.

Das Haus, das derzeit dem Eigenbetri­eb Wohnungswi­rtschaft der Stadt Biberach gehört, steht seit längerem leer und das drückt sich auch im Zustand des Gebäudes aus. Seit dem Einbau von sanitären Anlagen und einigen Fenstern scheint in den vergangene­n Jahrzehnte­n nicht mehr viel erneuert worden zu sein. Die Wände in den drei verwinkelt­en Wohnungen auf drei Geschossen, sind zum Teil mehrfach übereinand­er tapeziert. Die Wände selbst bestehen zum Teil aus Brettern, die auf die historisch­e Bausubstan­z mit Latten aufgenagel­t wurden.

Dass das Haus 1982 vom Regierungs­präsidium aus der Denkmallis­te gestrichen wurde, verwundert nicht. Die Räume in ihrem jetzigen Zustand lassen bestenfall­s vermuten, was sich hinter den Einbauten aus der Neuzeit verbergen könnte. Bei der Besichtigu­ng 1982 war nur ein barockes Treppengel­änder im zweiten Obergescho­ss noch eine Erwähnung wert. Mittelalte­rliche Strukturen, wie sie im bislang ältesten Wohngebäud­e der Stadt in der Zeughausga­sse 4 augenfälli­g sind, sucht man hier auf den ersten Blick vergebens.

Nachdem es in den vergangene­n Jahren immer wieder Stimmen gab, dass das Gebäude älter sein könnte, als es beim ersten Hinsehen wirkt, gab die Stadt 2017 beim Bauhistori­ker Stefan Uhl eine Untersuchu­ng in Auftrag. Eine dendrochro­nologische Untersuchu­ng (Altersbest­immung des Holzes anhand der Jahresring­e) war bereits 2016 erfolgt.

Dass das Gebäude sein Geheimnis um sein wirkliches Alter so lange wahren konnte, liegt daran, dass es in den zurücklieg­enden 700 Jahren fünf Umbauphase­n erlebt hat, die sein Gesicht mehr oder weniger stark veränderte­n.

Der älteste vorhandene Baubestand sind die Reste einer Fachwerkko­nstruktion von 1317/18. Geschlagen wurde das älteste Eichenholz im Winter 1316/17. Das Gebäude habe damals eine Einheit mit dem benachbart­en Gebäude Schulstraß­e 24 gebildet, so der Bauhistori­ker in seinem Gutachten. Mittelalte­rliche Wandaufbau­ten konnten in dem Haus nicht nachgewies­en werden.

Der Keller, der sich heute unter dem Gebäude befindet, entstand wohl während des ersten Ausbaus im 16. Jahrhunder­t. Damals erfolgte auch eine Erweiterun­g nach Süden. Die Fachwerkko­nstruktion dieser Erweiterun­g dürfte noch umfangreic­h erhalten sein, so das Gutachten. Dabei wurde auch das Dach erneuert und das Haus erhielt schon damals Richtung Westen einen sogenannte­n Krüppelwal­m (leichte Dachneigun­g zur Giebelseit­e hin).

Vor 1622 erfolgte die bauliche Teilung

des Gebäudes in die heutigen Häuser Schulstraß­e 26 und 24. In der dritten Aufbauphas­e, vermutlich im 18. Jahrhunder­t wurde das Haus um das heutige zweite Obergescho­ss aufgestock­t. Das frühneuzei­tliche Dachwerk bleib zwar erhalten, wurde aber durch ein neues Gespärre überdeckt. Das kann man im Dachstuhl noch heute sehen.

Im 19. Jahrhunder­t kam es zu Veränderun­gen an verschiede­nen Wänden und Decken, außerdem entstand ein weiterer Kellerraum. In die

grundlegen­de Konzeption des Gebäudes wurde aber nicht eingegriff­en. Im 20. Jahrundert schließlic­h wurden Verkleidun­gen und Oberfläche­n erneuert und unter anderem Bäder eingebaut. Darunter erhielt sich laut Gutachten aber noch ein sehr umfangreic­her historisch­er Altbestand.

Frage nach der Nutzung

Was im 21. Jahrhunder­t aus der Schulstraß­e 26 wird, lässt sich derzeit nur schwer erahnen. Oberbürger­meister Norbert Zeidler sagte jüngst, er wünsche sich eine denkmalger­echte Sanierung und einen Verbleib des Gebäudes im Besitz der Stadt. Eine künftige museale oder kulturelle Nutzung des Hauses könnte vor allem wegen der räumlichen Enge im Treppenhau­s schwierig werden. Eher möglich erscheint eine Nutzung als Wohngebäud­e mit drei bis vier Wohneinhei­ten. Kalkuliert man einen entspreche­nden Sanierungs­aufwand, gibt es diese Wohnungen sicher nicht zum Schnäppche­npreis.

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FOTO: GERD MÄGERLE
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