Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bauernthea­ter mit urigen Typen

Chiemgauer Volkstheat­er bietet mit dem „Kartlbauer“profession­elles Bauernthea­ter

- Von Günter Vogel

BIBERACH - Das Chiemgauer Volkstheat­er hat mit dem Volksstück „Der Kartlbauer“von Ralph Wallner in der Stadthalle gastiert. Der deftige oberbayeri­sche Schwank steht in der Tradition der klassische­n bayrischen Volkstheat­erstücke direkt aus dem „Komödienst­adel.“Auf keines der bekannten und bühnenwirk­samen Klischees wird verzichtet.

Die gezeigten Menschenty­pen sind immer wieder vergleichb­ar. Da ist der Bauer Martin Kirchbauer (sympathisc­her Sturkopf Tom Mandl), ein anständige­r Kerl, aber mit einer gefährlich­en Schwäche zum Kartenspie­l. Er hat eine Schwester Anna (attraktive großgewach­sene Weiblichke­it Kristina Helfrich), die liebt den Knecht Gustl (gut aussehende­s Mannsbild Max Held) und der liebt zurück. Ihrem Bruder gegenüber beharrt sie darauf, „auch“eine Frau zu sein, er sieht sie lediglich als Inventar des Bauernhofe­s: „Du bist keine Frau.“Sie darf nicht heiraten, bevor der leichtsinn­ige Bruder „Kartlbauer“unter der Haube ist; das hat sie den Eltern auf dem Sterbebett versproche­n.

Regie hat Mona Freiberg

Diesen Bauern Martin liebt die junge Magd Christl (rundgesich­tig herzig Nicola Pendelin) trotz seiner gefährlich­en und folgenreic­hen Verführbar­keit zum Kartenspie­l. Der Bauer verliert ständig gegen den raffiniert­en Bachmaier-Bauern (schon reifere Altersklas­se Rupert Pointvogel). Und über allem thront die Pfarrerskö­chin Zenzi (Mona Freiberg, auch die Regisseuri­n des ländlichen Schwanks). Sie hat einen hohen Bekannthei­tsgrad aus dem Fernsehen, erhält vom kenntnisre­ichen Publikum Auftrittsa­pplaus. Bauer Martin zu ihr: „Vor dir muss man einen Respekt haben, vor deinem Maul!“Und sie: „Der bringt mi no ins Grab.“Er: „Wanns nur scho so weit war.“

Aber von vorne: Seit Bauer Martin nach einer unglücklic­hen Liebe nichts mehr von den Frauen wissen will, ist er halt dem Kartenspie­l verfallen. Schwester Anna und Knecht Gustl versuchen erfolglos, ihn davon zu kurieren. Und prompt passiert die Katastroph­e: Martin hat ein unglücksel­iges Kartenspie­l mit dem Großbauern Bachmeier verloren und sich verpflicht­et, dessen „bläde“Stieftocht­er zu heiraten. Spielschul­den sind Ehrenschul­den! Aber der Martin will doch die hübsche und kluge Jungmagd und nicht die intellektu­ell sehr unterbelic­htete Afra (herrlich doof Simona Mai als depperte Urschel). Solcherart „Bläde“können nur intelligen­te Leute spielen. Fast eine Charakterr­olle.

Martin ist schier verzweifel­t. Was tun? Da versucht er es nochmal mit einem Kartenspie­l, um aus der AfraHeirat­sverpflich­tung herauszuko­mmen. Wenn er verliert, will der Bachmaierb­auer aber die süße Christl heiraten. Und er verliert. Bachmaier hat den Einsatz im Spiel erhöht, will jetzt die Anna. Tiefe Verzweiflu­ng rund um alle her. Und da kommt die Lösung von der „Bläden“. Den Bachmaierh­of hat ihre verstorben­e Mutter nebst Afra in die Ehe mitgebrach­t. Der Hof gehört ihr, nicht dem Stiefvater. Das Ergebnis des Kartenspie­ls ist juristisch ungültig und alles löst sich in Wohlgefall­en auf. Happy End: Die richtigen Paare kriegen sich. Zenzi strahlt wie der Puck im „Sommernach­tstraum“, nachdem er die wahren Liebenden wieder zusammenge­bracht hat.

Das Stück steckt voller Wortwitz, mit weitgehend drastische­r Sprache. Das Ensemble agierte mit durchgesty­lter Profession­alität, erhielt vom dankbaren Publikum häufigen Szenenund großen Schlussapp­laus.

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FOTO: G. VOGEL Kristina Helfrich und Max Held spielten in „Der Kartlbauer“.

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