Schwäbische Zeitung (Biberach)
Onlinehandel und Bundespolitik in der Kritik
Neujahrsempfang des Handels- und Gewerbevereins Ummendorf wird zur Bühne für politische Reden
FISCHBACH (sz) - Der Handels- und Gewerbeverein Ummendorf/Fischbach (HGV) hat sich zu seinem traditionellen Neujahrsempfang getroffen. Die Vorträge wurden dominiert von politischen Themen und stießen bei den Gästen auf geteiltes Echo.
Zunächst hat der 17. Neujahrsempfang des HGV begonnen wie immer, mit Sektempfang und Small Talk. Gast des Abends war Hassan Ali Djan, der als unbegleiteter Minderjähriger 2005 nach Deutschland kam. Er war Analphabet und sprach kein Wort Deutsch. Heute ist der 1989 Geborene deutscher Staatsbürger, hat einen mittleren Bildungsabschluss und eine abgeschlossene Lehre als Gebäudeelektriker. In seinem Buch „Afghanistan. München. Ich“schreibt er über seine Beweggründe zur Flucht und sein Leben in Deutschland. In Ummendorf las Djan fünf Textpassagen vor. Ali Djan berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Bundesamt für Migration, seinen Ängsten, dem Bangen um den Ausgang seines Asylverfahrens und von der ehrenamtlichen Unterstützung, die für ihn so wertvoll war, dass er dafür bis heute „keine passenden Worte finden kann“.
Mehr Informationen über den afghanischen Bayer gab es in der anschließenden Fragerunde. Konkrete Fragen beantwortete Hassan Ali Djan mit Co-Referaten. Dafür bekam er kräftigen Applaus, obwohl er etwa auf die Frage nach seinem Frauenbild gar nicht einging. Überrascht hat er mit Aussagen wie „Niemand hat den Willen, Afghanistan aufzubauen“oder „Militäreinsätze sind für mich eine Show gewesen“. Das sorgte am Ende des offiziellen Teils für Gesprächsstoff. Während die einen Gäste voll des Lobes waren, ärgerten sich andere über das „forsche und fordernde Auftreten“des gebürtigen Afghanen.
Bürgermeister Reichert blieb diplomatisch und sagte nach der Neujahrsfeier zur SZ, dass „beide über das Ziel geschossen hätten“. Damit meinte er neben Ali Djan auch den Vorsitzenden Michael Thaluß. Der HGV-Vorsitzende wagte beim Neujahrsempfang mit seinen Redebeiträgen einen politischen Rundumschlag. Den politischen Führungskräften unterstellte er unter anderem: „Ihr macht Selfies und trällert Pippi-Langstrumpf-Liedchen im Bundestag.“
In Anbetracht des anwesenden CDU-Bundestagsabgeordneten Josef Rief (CDU) und des Landtagsabgeordneten Thomas Dörflinger (CDU) sagte er: „Wohlgemerkt, ich spreche von führenden Politikern unseres Landes, nicht von den hier anwesenden Bundes- und Landtagsabgeordneten. Die haben es schwer genug.“Letztlich bekamen alle Parteien ihr Fett ab wie die FDP, die „ihren Selfievorsitzenden im Unterhemd auf Wahlplakate druckt“oder die CSU, „eine regionale Folklorepartei, die keine Partei ist, sondern ein Verein“.
Onlinehandel in der Kritik
Auch das moderne Einkaufsverhalten griff Thaluß in seiner Rede auf und warnte vor den Auswüchsen des Onlinehandels. „Wer im Internet einkauft, kauft vielleicht im ersten Moment etwas billiger und bequemer ein. Aber im Endeffekt kostet es uns alle viel mehr.“Er lobt dagegen die Bürger der Gemeinde, die vor Ort einkaufen. Ihr Einkauf würde dazu beitragen, dass „die Betriebe hier Steuern zahlen und nicht irgendwelche Firmengeflechte zur Steuervermeidung die Gelder hin und her schieben.“Die örtlichen Handwerksbetriebe stünden „für persönliche Beratung“.
Für Harmonie sorgte das Bläserduo Manuel Zieher und Berthold Schick mit Drummer Lukas Herrmann. Sie lockerten den Neujahrsempfang mit mehreren Musikstücken auf und faszinierten insbesondere mit ihrem Alphorneinsatz. Einen Scheck über 1000 Euro gab es für die Bürgerstiftung Ummendorf, vertreten durch Barbara Piazza und Reinhold Besenfelder. Damit bedankte sich der HGV symbolisch bei seinen Kunden.