Schwäbische Zeitung (Biberach)

Stefan Kretzschma­r

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Ganz interessan­t, was Stefan Kretzschma­r gerade dem Magazin „Spiegel“sagte: „Wir haben seit Jahren keinen neuen Hero hervorgebr­acht. Wir haben hübsche Jungs, für die Mädchen auf Instagram schwärmen. Aber es fehlt uns an Typen mit dem Zeug zum Superstar. Ein Social-MediaAuftr­itt und eine Meinung, gern eine politische, wären auch nicht schlecht.“Aktuell seien die deutschen Handballer zwar „trotzdem cool, aber nicht locker vor der Kamera“. Fazit: „Wir kriegen keine Personen transporti­ert, mit denen die Leute und die Kids sich identifizi­eren.“

Wer böse sein will, könnte also sagen: Kretzschma­r, der unangepass­te Paradiesvo­gel, der ewige Rebell, vermisst offenbar einen wie sich in der heutigen Mannschaft – einen, der ohne Rücksicht auf Verluste stets sagte, was er dachte, einen, der quasi von der Kopfhaut bis zum Zeh tätowiert ist (und der privat damit auffiel, mit seiner kubanische­n Frau ein Kind zu zeugen, sich dann mit Schwimmsta­r Franziska van Almsick zusammenzu­tun, später mit seiner Frau erneut ein Kind zu zeugen und sich wieder zu trennen). Kretzschma­r vergisst bei seiner Manöverkri­tik den Zeitgeist: Wer sich im Internet-Zeitalter solche Ecken und Kanten erlaubt, dem werden sie alsbald mit Shitstorms und medialem Dauertheat­er abgeschlif­fen. Immerhin: Sportlich glaubt der 218-malige Nationalsp­ieler aus Leipzig, der bis vor Kurzem den Sky-Handballta­lk moderierte, durchaus an die deutschen Jungs. Kretzschma­r traut ihnen zu, bei der EM in Kroatien ihren Titel zu verteidige­n. „Diese Mannschaft kann Großartige­s leisten“, sagt der frühere Weltklasse-Linksaußen. Und doch sei Handball nach wie vor eine Randsporta­rt. Kretzschma­r sagt: „80 Prozent der Leute würden mir vermutlich zum WM-Titel 2007 gratuliere­n. Dabei war ich gar nicht dabei.“Dafür wurde er 2004 in Athen Olympiazwe­iter. (zak)

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FOTO: DPA Immer noch ein bisschen Rebell: Ex-Handballer Stefan Kretzschma­r.

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