Schwäbische Zeitung (Biberach)
Keltenburg und aufsehenerregende Funde
Erste Bilanz zur Grabungssaison 2017 des Landesdenkmalamts
REGION HERBERTINGEN (sz) - Im vergangenen Jahr sind in BadenWürttemberg über 200 archäologische Sondagen und Ausgrabungen gemacht worden. Darunter waren auch Grabungen in der Region. So wurden in Bad Buchau „zahlreiche aufsehenerregende prähistorische Holzfunde“entdeckt, wie es in einer Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart heißt. Bei Langenenslingen wurden die Ausgrabungen „an der rätselhaften keltischen Kultanlage der Alten Burg fortgesetzt“.
Bei einem beträchtlichen Teil der Grabungen wurden erstmals kommerzielle Grabungsfirmen eingesetzt. Wobei diese ausschließlich bei planbaren Rettungsgrabungen eingesetzt wurden, also bei Baumaßnahmen im Bereich bekannter archäologischer Fundstätten. Dadurch konnte sich das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) Baden-Württemberg auf die besonders anspruchsvollen Schwerpunkt- und Forschungsgrabungen, aber auch auf kaum planbare Notgrabungen im Zuge archäologischer Zufallsentdeckungen konzentrieren.
Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Langfristprojekts führen Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart unter der Leitung von Prof. Dirk Krausse seit 2014 Ausgrabungen im weiteren Umland der herausragenden frühkeltischen Stadt „Heuneburg“durch. Die Untersuchungen an dem landschaftsprägenden Kultplatz „Alte Burg“bei Langenenslingen haben in den vergangenen Jahren sensationelle neue Ergebnisse erbracht. Die Anlage wurde durch eine 13 Meter starke und über zehn Meter hohe Mauer abgeriegelt. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass der gesamte Bergsporn in keltischer Zeit durch Planierungen, Aufschüttungen, Hangkantenerweiterungen und Terrassierungen umgeformt wurde.
2017 wurde ein umlaufendes, noch heute beeindruckendes Befestigungssystem am Hangfuß der Anlage untersucht. Es konnte ein gewaltiger, über 16 Meter breiter Erdwall und ein dahinterliegender, rund acht Meter breiter und insgesamt etwa 2,3 Meter tiefer Graben erforscht werden.
In Ensmad bei Ittenhausen wird seit 2016 erstmals eine unbefestigte ländliche Siedlung im weiteren Umfeld der frühkeltischen Heuneburg großflächig erforscht. Die Heuneburg sowie die anderen Höhenbefestigungen müssen von solchen bäuerlichen Ansiedlungen mit Nahrungsmitteln versorgt worden sein. Neben Pfostengruben von Hausgrundrissen konnten mehrere mächtige Vorratsgruben mit Durchmessern von bis zu 3,8 Metern und erhaltenen Tiefen von mehr als zwei Metern freigelegt werden. Auf der Sohle einer dieser Gruben konnte ein Schweineskelett geborgen werden. Auffallend viel Fundmaterial in Form von Schmuckgegenständen aus Metall, Glas und Sapropelit spricht für einen hervorgehobenen Lebensstil der Menschen, die hier in keltischer Zeit lebten. Das geplante Neubaugebiet „Neuweiher II“in Bad Buchau befindet sich im ehemaligen Uferbereich der Insel Buchau zum Federsee hin. Obwohl das eigentliche Seebecken durch Entwässerungen schon längst trocken gefallen ist, haben sich hier im Hangbereich noch feucht erhaltene Schichten über wasserundurchlässigen Beckentonen erhalten. Diese enthalten zahlreiche Zeugnisse aus über 10 000 Jahren menschlicher Nutzung des Federseeufers. Zu den ältesten Resten gehören Rentierknochen mit Schnittspuren, ein Gefäß aus der Zeit der ersten Bauern (rund 5200 vor Christus) sowie Hunderte von Netzsenkern (zum Fischen recycelte Keramikscherben) aus der Jungsteinzeit. Auch die Bronze-, Eisenund Römerzeit sowie das Frühmittelalter sind durch Fundmaterial vertreten.
Besonders bemerkenswerte Funde sind die erhaltenen Holzobjekte, zu denen Paddel, Einbaumfragmente, weitere Werkzeugteile und bearbeitete Bauhölzer gehören. Obwohl hier keine eigentlichen Siedlungsreste angetroffen wurden, spiegeln die gefundenen, verlorenen oder weggeworfenen Gegenstände die kontinuierliche Nutzung der Insel Buchau und des Ufers über Tausende von Jahren wider.
Zusätzlich ermöglichen die natürlichen Pflanzenreste und der Verlauf der verschiedenen Sand-, Torf- und Muddeschichten die Rekonstruktion der (Verlandungs-)Geschichte dieses Uferabschnitts. Die Rettungsgrabung wird 2018 fortgesetzt.