Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein Häuschen für Familie Arab
Eine syrische Familie hat mithilfe der Nachbarn ein Gebäude in Maselheim renoviert
MASELHEIM - Vor mehr als zwei Jahren sind Mahmoud Arab und seine Familie nach Deutschland gekommen. Die Familie stammt ursprünglich aus Syrien und hatte 18 Jahre in der Stadt Aleppo, im Norden Syriens, gelebt. Nach der Flucht sind sie in Maselheim gelandet und haben dort anfangs in einer Gemeinschaftsunterkunft gelebt. Vor rund einem halben Jahr konnten Mahmoud Arab und sein Sohn Alaa in ein kleines Häuschen umziehen. Das hat die Familie mithilfe der Nachbarn von Grund auf saniert.
„Es war nicht ganz einfach, die Vermieterin davon zu überzeugen, das 120 Jahre alte Haus noch mal zu vermieten“, erklärt Nachbarin Hedwig Pröll, die in Maselheim im Helferkreis für Flüchtlinge aktiv ist. Sie habe immer wieder versucht, mit ihr zu sprechen. Letztlich konnte Hedwig Pröll die Frau davon überzeugen, das Haus an Familie Arab zu vermieten. Die Bedingung: Die Familie musste die notwendige Renovierung selbst übernehmen. Ihr Mann habe daraufhin das Haus angesehen. „Man musste sehr viel richten. Es waren sehr alte Elektroleitungen verlegt, der Kamin und alle Anschlüsse waren abgemeldet“, sagt Pröll. Schließlich sei das Haus zehn Jahre nicht mehr bewohnt gewesen.
Nach und nach hatte Familie Arab mit tatkräftiger Unterstützung aus der Nachbarschaft die Leitungen für Strom und Wasser neu verlegt und die Fenster getauscht. Diese musste die Familie wechseln, weil sie nur einfach verglast und somit nicht wärmeisoliert waren. Da die Fenster nicht den heutigen Maßen entsprachen, sei es schwer gewesen, günstig Ersatz zu finden. Wie auch die Küche hatten die Helfer einen Großteil der Fenster aus einem Haus in Laupheim ausgebaut, das abgerissen werden sollte, so Hedwig Pröll.
Fassade wurde neu verputzt
Bereits einen Monat nachdem die Bauarbeiten begonnen hatten, zogen die Arabs in das Haus ein. „Wir haben alles Wichtige gerichtet, sodass man darin wohnen kann“, erklärt Pröll. Für Alaa Arab wurde das Zimmer im oberen Stockwerk gerichtet. Darin standen noch sehr alte, verstaubte Möbel und der Fußboden musste wegen des Alters ebenfalls erneuert werden. Nachdem das Haus von innen entsprechend wohnlich hergerichtet war, machten sich die Familie und die Helfer an den Außenbereich. Zuerst wurde die Fassade des Hauses neu verputzt. „Dabei haben wir alle geholfen“, sagt Alaa Arab, der in Ochsenhausen arbeitet. „Durch den frischen Putz hat das
Haus wieder wie neu ausgesehen“, ergänzt Pröll.
Nach rund drei Monaten haben Familie Arab und die Helfer die wichtigsten Arbeiten am Haus erledigt. Sie haben die Einfahrt neu gepflastert – dort wuchs bisher nur hohes Unkraut – im Garten Beete angelegt und eine Terrasse betoniert. Bei allem war der Mann von Hedwig Pröll tatkräftig mit im Einsatz. „Herr Pröll hat uns wirklich viel geholfen“, sagt Sohn Alaa Arab. „Aber nur weil ihr selber auch so viel geholfen habt“, sagt Hedwig Pröll. Der Garten hinter dem Haus ist noch nicht komplett fertiggestellt. Mahmoud Arab plant, in einem kleinen Schuppen Hühner zu halten, sobald alles fertig ist, und es wärmer wird.
Doch die Freude über das kleine Häuschen und das Erreichte ist immer überschattet von einem Thema: Mahmouds Frau und die Schwiegertochter mit den Enkeln sind noch in Jordanien, und durften bisher nicht nach Deutschland einreisen. „Es ist schwer für uns, dass meine Mutter, Schwägerin, Neffe und Nichte nicht hier sind. Wir sind traurig und warten auf eine Möglichkeit, um sie hierher zu bringen“, sagt Mahmouds Tochter Alaa Arab, die denselben Vornamen trägt wie ihr Bruder.
Doch es gibt gute Nachrichten. Für die Frau ihres Bruders Alaa und die Kinder wurde der Einreiseantrag inzwischen genehmigt. Daher will er sich eine eigene Wohnung suchen. Doch es sei gar nicht so einfach, eine passende Bleibe zu finden. Noch schwerer fällt ihm aber die Trennung von seiner Familie: „Es ist schwer, wenn die Familie in Jordanien ist, und man selbst hier“, sagt Alaa Arab. „Wir haben uns zwei Jahre lang nicht mehr gesehen.“Seine Mutter soll, sobald sie nach Deutschland kommt, mit dem Vater das Haus bewohnen.
Der Großteil der Familie, der bereits in Deutschland ist, kam über die Türkei nach Deutschland. „Wir sind zuerst in die Türkei geflogen, dann sind wir nach Griechenland mit dem Boot gefahren. Das war sehr gefährlich“, erklärt Tochter Alaa Arab, die in Deutschland geheiratet hat. Weiter über Makedonien, Serbien, Ungarn kam die Familie teilweise zu Fuß oder mit dem Auto bis nach Wien. Von dort aus ist Familie Arab mit dem Zug weiter nach Deutschland gefahren. „Es hat neun Tage gedauert und wir waren danach total müde“, sagt Alaa Arab.
Wie viele Flüchtlinge seien auch sie vor der Gewalt und dem Krieg in Syrien geflohen. „Die Situation war ganz schlimm und wir konnten dort nicht mehr leben. Es gab keinen Strom, kein Wasser, kein Essen, kein Geld und auch keine Sicherheit“, sagt Alaa Arab, die bereits gut Deutsch spricht. Sie hätten einige Nachbarn, Bekannte und Freunde verloren, und sich deshalb zur Flucht entschieden. Inzwischen fühlen sie sich in Maselheim zu Hause und sind froh, dort zu sein und das kleine Häuschen zu haben.