Schwäbische Zeitung (Biberach)
Sie kennen die Zähne der Biberacher
Seit mehr als 130 Jahren arbeiten Forschners als Zahnärzte – Urgroßvater begründet Tradition
BIBERACH - Sie sind klein, meistens weiß und im Fall der Biberacher Familie Forschner Existenzgrundlage: Zähne. Seit über 130 Jahren schauen die Mitglieder der Familie den Menschen in und um Biberach in die Münder. „Die Aufgabe als Zahnarzt hat sich dabei sehr verändert“, sagt Wilfried Forschner, der mit Susanne Forschner-Dannecker seit 40 Jahren gemeinsam eine Praxis im Köhlesrain betreibt.
Die Anfänge der Zahnarztfamilie reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Der Wundarzt Heinrich Kipp holte seinen Neffen, Heinrich Forschner, zu sich nach Biberach und bildete ihn als Zahnkünstler aus. Damit wurde quasi der Grundstein für die Zahnarzt-Dynastie gelegt. „Wir gehen davon aus, dass Heinrich Forschner ab 1876 als Zahnarzt praktizierte“, erläutert Wilfried Forschner und stützt sich dabei auf ein Ratsprotokoll aus dieser Zeit. Darin bat Heinrich Forschner um die Aufnahme in das Biberacher Bürgerrecht, um Berta Goldner heiraten zu können: „Dieses Bürgerrecht brauchte er auch, um als Zahnkünstler tätig sein zu können.“
Der Familientradition gefolgt
Die beiden bekamen elf Kinder, eines davon tauften sie auf den Namen Heinrich. Heinrich Forschner der Jüngere ergriff denselben Beruf wie sein Vater, dessen Sohn Heinz (Rufname) wurde wiederum Zahnarzt und führte mit seiner Frau über viele Jahre eine Praxis am Marktplatz. „Früher war es einfach so, dass der älteste Sohn der Familie das Geschäft des Vaters übernahm“, sagt Wilfried Forschner. Heinz Forschner war sein Onkel.
Der Vater von Wilfried Forschner entschied sich für ein Landwirtschaftsstudium in Stuttgart, weshalb Wilfried Forschner in Stuttgart aufgewachsen ist. „Eigentlich war Zahnarzt nicht meine erste Wahl“, sagt der heute 68-Jährige. Ihn hätten vielmehr Naturwissenschaften wie Physik und Chemie interessiert. Er habe sich nach dem Abitur dann aber doch um einen Studienplatz im Bereich der Zahnheilkunde in Tübingen beworben. Während des Studiums lernte er Susanne Forschner-Dannecker kennen.
„Ich wusste schon als Dreijährige, dass ich Zahnärztin werden möchte“, sagt die heute 63-Jährige. Beide zog es nach dem Studium nach Biberach, weil Susanne Forschner-Dannecker hier aufgewachsen ist. Dass Wilfried Forschner Verwandte in Biberach hatte, war reiner Zufall. 1978 eröffneten sie ihre Praxis am Köhlesrain – und damit praktizieren sie seit nunmehr 40 Jahren. Laut Wilfried Forschner ist dies nicht alltäglich.
Zahnkünstler, Zahntechniker, Zahnarzt – nicht nur die Berufsbezeichnung hat sich in den 130 Jahren verändert. „Auch unser Berufsbild hat sich stark gewandelt“, sagt Wilfried Forschner. Weniger Reparieren, mehr Vorsoge – so fasst es der Zahnarzt kurz zusammen. Die Zahngesundheit habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen: „Statistisch gesehen teilen sich in Deutschland heute bei den Zwölfjährigen zwei Kinder eine Karies.“Auch Susanne Forschner-Dannecker sieht das so und verweist auf Patienten, die im Alter von 40 Jahren noch keine Füllung oder Karies haben: „Man kann das schaffen, wenn man auf Pflege und Ernährung achtet.“
Viele Patienten haben Angst
Dass ein Zahnarzttermin bei einigen Patienten nicht gerade Freudensprünge auslöst, wissen sie. „Es ist kein Vorurteil, dass Menschen Angst vor dem Zahnarzt haben“, sagt Susanne Forschner-Dannecker. Sie kann das verstehen, weil manche Eltern ihren Kindern gerne einmal Horror-Geschichten erzählten: „Das kann bis ins Erwachsenenalter nachwirken.“ Wilfried Forschner hat eine weitere Erklärung: „Es gibt komische Geräusche, man hat Wasser im Mund und kann dabei nicht zusehen. Das ist nicht angenehm.“
Sowohl für Susanne ForschnerDannecker („Ich schaue meinen Gesprächspartnern immer auf die Zähne“) und Wilfried Forschner ist Zahnarzt nicht nur ein Traumberuf, sondern auch Berufung. So können sich beide derzeit nicht vorstellen, in Rente zu gehen. „Wir arbeiten wohl, bis wir umfallen“, sagt Susanne Forschner-Dannecker. Mit ihnen wird die Zahnarzt-Dynastie vermutlich auch enden, denn ihre beiden Söhne haben mit Informatik und Jura beruflich einen anderen Weg eingeschlagen. Wilfried Forschner sagt: „Für uns ist das in Ordnung. Kinder sollen machen dürfen, was sie gerne machen.“