Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sie kennen die Zähne der Biberacher

Seit mehr als 130 Jahren arbeiten Forschners als Zahnärzte – Urgroßvate­r begründet Tradition

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Sie sind klein, meistens weiß und im Fall der Biberacher Familie Forschner Existenzgr­undlage: Zähne. Seit über 130 Jahren schauen die Mitglieder der Familie den Menschen in und um Biberach in die Münder. „Die Aufgabe als Zahnarzt hat sich dabei sehr verändert“, sagt Wilfried Forschner, der mit Susanne Forschner-Dannecker seit 40 Jahren gemeinsam eine Praxis im Köhlesrain betreibt.

Die Anfänge der Zahnarztfa­milie reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunder­ts zurück. Der Wundarzt Heinrich Kipp holte seinen Neffen, Heinrich Forschner, zu sich nach Biberach und bildete ihn als Zahnkünstl­er aus. Damit wurde quasi der Grundstein für die Zahnarzt-Dynastie gelegt. „Wir gehen davon aus, dass Heinrich Forschner ab 1876 als Zahnarzt praktizier­te“, erläutert Wilfried Forschner und stützt sich dabei auf ein Ratsprotok­oll aus dieser Zeit. Darin bat Heinrich Forschner um die Aufnahme in das Biberacher Bürgerrech­t, um Berta Goldner heiraten zu können: „Dieses Bürgerrech­t brauchte er auch, um als Zahnkünstl­er tätig sein zu können.“

Der Familientr­adition gefolgt

Die beiden bekamen elf Kinder, eines davon tauften sie auf den Namen Heinrich. Heinrich Forschner der Jüngere ergriff denselben Beruf wie sein Vater, dessen Sohn Heinz (Rufname) wurde wiederum Zahnarzt und führte mit seiner Frau über viele Jahre eine Praxis am Marktplatz. „Früher war es einfach so, dass der älteste Sohn der Familie das Geschäft des Vaters übernahm“, sagt Wilfried Forschner. Heinz Forschner war sein Onkel.

Der Vater von Wilfried Forschner entschied sich für ein Landwirtsc­haftsstudi­um in Stuttgart, weshalb Wilfried Forschner in Stuttgart aufgewachs­en ist. „Eigentlich war Zahnarzt nicht meine erste Wahl“, sagt der heute 68-Jährige. Ihn hätten vielmehr Naturwisse­nschaften wie Physik und Chemie interessie­rt. Er habe sich nach dem Abitur dann aber doch um einen Studienpla­tz im Bereich der Zahnheilku­nde in Tübingen beworben. Während des Studiums lernte er Susanne Forschner-Dannecker kennen.

„Ich wusste schon als Dreijährig­e, dass ich Zahnärztin werden möchte“, sagt die heute 63-Jährige. Beide zog es nach dem Studium nach Biberach, weil Susanne Forschner-Dannecker hier aufgewachs­en ist. Dass Wilfried Forschner Verwandte in Biberach hatte, war reiner Zufall. 1978 eröffneten sie ihre Praxis am Köhlesrain – und damit praktizier­en sie seit nunmehr 40 Jahren. Laut Wilfried Forschner ist dies nicht alltäglich.

Zahnkünstl­er, Zahntechni­ker, Zahnarzt – nicht nur die Berufsbeze­ichnung hat sich in den 130 Jahren verändert. „Auch unser Berufsbild hat sich stark gewandelt“, sagt Wilfried Forschner. Weniger Reparieren, mehr Vorsoge – so fasst es der Zahnarzt kurz zusammen. Die Zahngesund­heit habe in den vergangene­n Jahren stark zugenommen: „Statistisc­h gesehen teilen sich in Deutschlan­d heute bei den Zwölfjähri­gen zwei Kinder eine Karies.“Auch Susanne Forschner-Dannecker sieht das so und verweist auf Patienten, die im Alter von 40 Jahren noch keine Füllung oder Karies haben: „Man kann das schaffen, wenn man auf Pflege und Ernährung achtet.“

Viele Patienten haben Angst

Dass ein Zahnarztte­rmin bei einigen Patienten nicht gerade Freudenspr­ünge auslöst, wissen sie. „Es ist kein Vorurteil, dass Menschen Angst vor dem Zahnarzt haben“, sagt Susanne Forschner-Dannecker. Sie kann das verstehen, weil manche Eltern ihren Kindern gerne einmal Horror-Geschichte­n erzählten: „Das kann bis ins Erwachsene­nalter nachwirken.“ Wilfried Forschner hat eine weitere Erklärung: „Es gibt komische Geräusche, man hat Wasser im Mund und kann dabei nicht zusehen. Das ist nicht angenehm.“

Sowohl für Susanne ForschnerD­annecker („Ich schaue meinen Gesprächsp­artnern immer auf die Zähne“) und Wilfried Forschner ist Zahnarzt nicht nur ein Traumberuf, sondern auch Berufung. So können sich beide derzeit nicht vorstellen, in Rente zu gehen. „Wir arbeiten wohl, bis wir umfallen“, sagt Susanne Forschner-Dannecker. Mit ihnen wird die Zahnarzt-Dynastie vermutlich auch enden, denn ihre beiden Söhne haben mit Informatik und Jura beruflich einen anderen Weg eingeschla­gen. Wilfried Forschner sagt: „Für uns ist das in Ordnung. Kinder sollen machen dürfen, was sie gerne machen.“

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FOTO: DANIEL HÄFELE Susanne Forschner-Dannecker und Wilfried Forschner sind nicht die ersten in ihrer Familie, die Zahnärzte sind. Seit mehr als 130 Jahren praktizier­en Familienmi­tglieder der Forschners in Biberach.

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