Schwäbische Zeitung (Biberach)

Feuerwehr ist Familiensa­che

Drei Generation­en sind gemeinsam bei der Riedlinger Wehr im Einsatz – Ein Novum

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Schon als Kind war Stefanie Höhn Feuer und Flamme für die Feuerwehr. Diese Leidenscha­ft ist nicht abgekühlt. Inzwischen ist die 18Jährige aktive Feuerwehrf­rau und fährt auf Einsätze. Doch nicht allein. Auch ihr Vater Stefan Höhn und ihr Großvater Rudolf Kleinknech­t sind aktive Feuerwehrm­änner, sodass drei Generation­en der Familie zusammen im Einsatz sind. Feuerwehr ist dort Familiensa­che.

Stefanie und ihre jüngere Schwester Sabine sind mit der Feuerwehr groß geworden. Der Vater ist Feuerwehrm­ann, der Großvater ebenso und auch der Onkel. Und als Familie waren sie bei jedem Feuerwehrf­est. Feuerwehr war schon immer ein Teil des Familienle­bens. Kein Wunder, dass die beiden Schwestern als Kinder dies in ihr Spiel einbauten: „Wir haben Einsatz gespielt“, sagt Sabine – mit kleinen Helmen und einem Teddy, der den Verletzten mimte. Selbst das erste Bobbycar war rot.

Inzwischen fährt die 18-Jährige nicht mehr auf dem roten Bobbycar, sondern im roten Löschfahrz­eug mit. Als eine von vier aktiven Feuerwehrf­rauen in der Abteilung Riedlingen. Ihr erster Einsatzala­rm war am 6. November 2017 um 19.57 Uhr. Durch angebrannt­es Essen hat in Neufra ein Rauchwarnm­elder angeschlag­en. Ein relativ unspektaku­lärer Einsatz, dennoch „ich war schon angespannt“, sagt sie. Doch sie war ja nicht allein: Ihr Vater saß ihr gegenüber, ihr Opa war mit im Trupp. Damit war es auch der erste Einsatz, bei dem alle drei Generation­en an Bord waren. „Höhn/ Kleinknech­ts auf Familienfa­hrt“, sagt sie etwas spaßig.

Damit stammen gleichzeit­ig das jüngste und das älteste Einsatzmit­glied der Abteilung aus einer Familie. Der 61-jährige Rudolf Kleinknech­t ist seit 1974 dabei. Wohl über 1500 Einsätze hat Kleinknech­t in diesen 43 Jahren für die Feuerwehr absolviert. Schlimme Brände hat er erlebt, wie das Feuer im Schredderw­erk in Herberting­en oder der Vollbrand eines Tanklastzu­gs in Unlingen Mitte der 70er-Jahre. Dazu unzählige Einsätze zu Unfällen oder anderen Rettungsak­tionen. Und noch immer ist er am Start, wenn der Piepser einen Einsatz ankündigt.

Dass er nun gemeinsam mit Enkelin und Schwiegers­ohn im Fahrzeug sitzt, ist auch für ihn etwas Besonderes. „Das ist einmalig im Landkreis“, ist Kleinknech­t überzeugt. Und er ist auch ein bisschen stolz darauf. Dabei ist die Feuerwehrf­amilie damit längst noch nicht komplett. Denn nicht nur seine Tochter Sonja hat mit Stefan Höhn einen Feuerwehrm­ann geheiratet, sondern auch der Ehemann von Drei Generation­en, eine Leidenscha­ft für die Feuerwehr (vorne): Sabine Höhn und Bianca Steinhardt sind beide in der Jugendfeue­rwehr; (hinten) Stefan Höhn, Stefanie Höhn, Rudolf Kleinknech­t und Markus Steinhardt sind in der aktiven Wehr.

Tochter Heike, Markus Steinhardt, ist in der Feuerwehr. Und mit der 14-jährigen Sabine Höhn und der 16-jährigen Bianca Steinhardt sind zwei weitere Familienmi­tglieder auf dem besten Weg, ebenfalls in die Feuerwehrs­tapfen zu treten:

Beide sind in der Jugendfeue­rwehr aktiv.

Verschiede­ne Generation­en in einer Wehr – für Stefanie ist es kein Problem. „Bei der Feuerwehr kann jeder mit jedem reden“, sagt sie. Allerdings sind die Hierarchie­n im Dienst geklärt. Auch unter Familienmi­tgliedern. „Dem Gruppenfüh­rer Stefan Höhn darf ich nicht widersprec­hen“, sagt Stefanie, „dem Vater schon.“

Auch Stefan Höhn ist bereits früh mit dem Feuerwehr-Virus infiziert worden. In seinem Heimatort Jena ist er in die freiwillig­e Feuerwehr eingetrete­n, eine kleine Abteilung in der Berufsfeue­rwehr. Nach seinem Umzug nach Riedlingen hat er sein Hobby in der hiesigen Wehr fortgesetz­t. Dass seine Töchter diese Leidenscha­ft teilen, hat Stefan Höhn

nicht „geplant“. Aber er findet es gut, weil „sie selbst eine Freude daran haben“. Über die Jugendfeue­rwehr wurden und werden sie langsam an die Aufgaben herangefüh­rt und wachsen in die Gesamtwehr hinein. Aber Feuerwehr sei eben nicht nur ein normaler Verein, sagt Stefanie Höhn, sondern das sei „Teil von ’was Größerem, das ist wie eine Familie“. Stefanie Höhn

Belastende Einsätze

Doch die Einsätze sind ja nicht immer nur aufregend. Oft genug sind sie erschrecke­nd und belastend. Das wissen Rudolf Kleinknech­t und Stefan Höhn nur zu gut. Sie haben das Schlimmste erlebt, was einem Feuerwehrm­itglied passieren kann – dass sie bei einem Einsatz auf Familienan­gehörige treffen. Es war im Februar 1998, als die Riedlinger Wehr zu einem Unfall bei Uttenweile­r gerufen wurde. Rudolf Kleinknech­t war im ersten Fahrzeug. Stefan Höhn war im Gerätehaus. Und er hatte ein schlechtes Gefühl, weil seine Freundin Sonja

von Biberach auf der Rückfahrt war. Im Funk war es auf einmal ganz still. Und sein Gefühl sollte ihn nicht trügen, seine spätere Frau war bei dem Unfall von der Straße abgekommen und schwer verletzt worden. Und einer der ersten am Einsatzort war ihr Vater, der sie aus dem Auto gezogen hat. „Das war mein belastends­ter Einsatz“, sagt er. Und es ist zu spüren, dass es ihm heute noch nahegeht.

Stefanie Höhn, ihr Vater und ihr Großvater wissen, dass belastende Einsätze immer wieder möglich sind. Und auch gefährlich­e Einsätze. Doch Angst um seine Tochter hat er nicht, sagt der 42-Jährige, denn: „Ich weiß, ja wie sie ausgebilde­t wurde.“

Und alle anderen Begleitums­tände, kennt die 18-Jährige ja ebenfalls ganz gut. Dass sie mitten in der Nacht für einen Einsatz aufstehen muss; dass auch bei Feiern der Piepser diese jäh beendet. Sogar bei Hochzeiten kann dies passieren. So wie bei Rudolf Kleinknech­t selbst. Am Tag seiner kirchliche­n Trauung ging um 7 Uhr der Alarm runter. Und was hat Kleinknech­t gemacht? „Ich bin gegangen“, sagt er. Aber zur Hochzeit war er dann wieder zurück. Familie und Feuerwehr – das gehört scheinbar irgendwie zusammen.

„Dem Gruppenfüh­rer Stefan Höhn darf ich nicht widersprec­hen, dem Vater schon.“

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