Schwäbische Zeitung (Biberach)
Tango Sí locken viele in den Jazzkeller
Erfolgreicher Saisonauftakt des Jazzclubs Biberach – Konzert war früh ausverkauft
BIBERACH (sz) - Der Tango gehört nicht zu den zentralen Genres des Jazz, auch wenn Astor Piazzolla mit seinem Tango Nuevo viele Jazzelemente in den argentinischen Tango integrierte. Viele Jazzfans haben aber offenkundig keinerlei Berührungsängste mit verwandten Stilrichtungen und die erklärten Tangofans haben in Biberach sowieso eine eigene Gemeinde. Nur so erklärt sich, dass das Konzert von Tango Sí im Jazzkeller früh ausverkauft war und noch Gäste abgewiesen werden mussten. Wer einen Platz erhalten hatte, erlebte ein Fest für Kopf und Herz.
Ähnlich wie der Jazz in Nordamerika entstand auch der lateinamerikanische Tango aus einer Melange europäischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Musikstile, wie Christiane Holzenbecher in zur Musik kontrastierender dezenter Beiläufigkeit erläuterte. Zentrales Instrument ist das Bandoneon, bei Tango Sí in Vollendung gespielt von Karin Eckstein, die mit ihren launigen Ansagen und trockenen Kommentaren für zusätzliche Erheiterung sorgte.
Perlende Töne, strenge Rhythmen
Tangotypisch wurde die Besetzung komplettiert durch eine hoch expressiv gespielte Violine (Christiane Holzenbecher) und einen ebenso durch ungewöhnliche Spieltechniken aus der modernen Musik (Schlagen, Reiben, Klopfen, Zupfen) angereicherten Kontrabass (Florian Bony). Am Kawaiflügel erwies sich Sarah Umiger als technisch und musikalisch brillante Tangospielerin, die der Strenge der tangotypisch straffen Rhythmen perlende Spielfreudigkeit entgegenstellte.
Knapp die Hälfte des Repertoires war Astor Piazzolla gewidmet. Neben klassischen und gut tanzbaren argentinischen Tangos, etwa von Julian Plaza, kamen unveröffentlichte Werke aus den frühen Jahren Piazzollas zur Aufführung, sodass insgesamt der Eindruck einer Zeitreise in die Moderne entstand.
Besonders im zweiten Set mit den moderneren Titeln aus dem Tango Nuevo von Piazzolla, Canaro oder Pugliese, mit einer farbigen Mischung aus Milongas und Walzern, einem hoch virtuosen Bandoneonsolostück und bekannten Ohrwürmern wie „Oblivion“oder „Libertango“wuchs die Begeisterung im Publikum weiter. Romantik, Sentimentalität und Leidenschaft, dazu ein Schuss Erotik (die drei Damen im Ensemble trugen knallrote Stöckelschuhe zu schwarzer Spitze) sowie eine gehörige Portion Melancholie gehören zum Tango und zu den Kernkompetenzen von Tango Sí.
Erst nach mehreren Zugaben durfte das mit lang anhaltenden Ovationen gefeierte Ensemble von der Bühne. Unmittelbar danach ergriffen noch einige Paare vom Tanzsportverein Risstino die Gelegenheit, eine flotte Tangosohle aufs flugs freigeräumte Parkett zu legen.