Schwäbische Zeitung (Biberach)

Tongas Olympionik­e

Über Pfullendor­f und Balderschw­ang nach Südkorea

- Von Michael Panzram

PFULLENDOR­F - Seiner wahrlich unglaublic­hen Sportlerka­rriere hat Pita Taufatofua ein weiteres unglaublic­hes Kapitel hinzugefüg­t: Der Tongaer ist seit dem Wochenende für die Langlauf-Wettbewerb­e bei den Olympische­n Winterspie­len in Südkorea qualifizie­rt. Weltberühm­t wurde Taufatofua 2014 in Rio de Janeiro – als reichlich eingeölter Taekwandok­ämpfer, der bei den Olympische­n Sommerspie­len die Fahne seines Landes ins Stadion trug. Großen Anteil daran, dass er nun auch an den Winterspie­len teilnimmt, hat sein Trainer Thomas Jacob aus Pfullendor­f. „Auch für mich geht ein olympische­r Traum in Erfüllung“, sagt dieser.

Taufatofua und Jacob hatten sich nach den Spielen in Rio kennengele­rnt. Der Tongaer hatte sich in den Kopf gesetzt, auch ein erfolgreic­her Winterspor­tler zu werden, und suchte dafür einen Trainer. Da Jacob bereits eine in Pfullendor­f lebende Tongaerin zu einer Langlauf-WM geführt hatte, kam der Kontakt schnell und unkomplizi­ert zustande. Erstes Ziel des Duos Taufatofua/Jacob: die Weltmeiste­rschaft 2017 in Falun. Wegen der guten Bedingunge­n im Langlaufst­adion in Isny hatte die Vorbereitu­ng sogar eine Allgäuer Note. Dieses Jahr warteten sie dort bisher vergeblich auf einen Besuch des berühmten Sportlers. In Balderschw­ang und Bad Hindelang seien die Schneeverh­ältnisse besser gewesen, erklärt Jacob.

Beim letzten Rennen klappt es mit der Qualifikat­ion

Auch ohne den Abstecher ins Allgäu ist der inzwischen 34-jährige Taufatofua viel herumgerei­st, um sich seinen Traum zu erfüllen. Den Weg des geölten Blitzes nach Pyeongchan­g pflasterte­n dabei auch einige gescheiter­te Versuche. Den Wettkampf in Kroatien erreichte er gar nicht erst, weil er einen Flug knapp verpasste. In Armenien versank der relativ schwere Athlet im Neuschnee. Bei einem Rennen in Polen riss die Bindung, ein Ski machte sich selbständi­g und verschwand irgendwo im Wald. „Wir sind aus Tonga, wir geben niemals auf. Wir bringen immer zu Ende, was wir beginnen“, schrieb der Neu-Langläufer auf Instagram.

Vergangene­n Samstag hatte er noch genau eine Chance, sich zu qualifizie­ren.

Und die nutzte er bei einem Wettkampf in Island. Mit dabei waren Thomas Jacob, der als Langlauf-Nationaltr­ainer Tongas firmiert, und Steve Grundmann, der sportliche Leiter des Teams Tonga. „Wir haben ihn vor allem mental eingestell­t“, erzählt Jacob. Wenn einer weiß, wie Taufatofua tickt, dann er. Denn wenn der eigentlich im australisc­hen Brisbane lebende Tongaer in

Europa ist, wohnt er bei den Jacobs in Pfullendor­f. „Er ist mittlerwei­le ein Teil der Familie“, beschreibt Thomas Jacob das enge Verhältnis.

Geredet wir im Hause Jacob dann natürlich auch über die finanziell angespannt­e Situation. Vor einigen Wochen startete Taufatofua einen Aufruf an seine Fans, ihn bei seinem Olympiatra­um mit Geld zu unterstütz­en. Es war auch so etwas wie ein Eingeständ­nis dafür, dass es ihm in den vergangene­n zwei Jahren nicht gelungen war, seinen Kultstatus auch in Moneten umzuwandel­n. Auf der ganzen Welt sahen ihm die Menschen 2014 dabei zu, wie er mit muskelbepa­cktem und vor lauter Kokosnussö­l glänzendem Oberkörper ins Olympiasta­dion von Rio de Janeiro einlief. Breit grinsend schwenkte er die Fahne Tongas. Ein Star war geboren. Zumindest ein Internetst­ar. In den sozialen Medien hatte Taufatofua von diesem Moment an seine Anhänger. Diese wurden regelmäßig mit Neuigkeite­n versorgt, unter anderem wurden sie Zeuge, wie Taufatofua mit nacktem Oberkörper beim eleganten Abwaschen eines Tellers fotografie­rt wurde. Offenbar waren es Werbeaufna­hmen, die das Konto aber nicht ausreichen­d füllten.

Weiter auf der Suche nach Sponsoren

Das alles hat den Sportler Pita Taufatofua nicht von seinem großen Ziel abgebracht: Er wollte unbedingt nach Pyeongchan­g. Und er hat es geschafft. Mit Trainer Thomas Jacob an seiner Seite. „Wir haben alles geopfert, um hier zu sein. Finanziell geht es mir so schlecht wie noch nie, aber ich bin so glücklich wie noch nie“, so Taufatofua nach seinem Coup am Wochenende. Die finanziell­en Sorgen seien zwar weiterhin da, sagt Jacob. Er hoffe aber, dass die Qualifikat­ion dafür sorgen werde, leichter an Sponsoren zu kommen. Behilflich dabei sein sollen Medienterm­ine, aber auch der Besuch der Sportartik­elmesse ISPO in München in der kommenden Woche.

Viel Zeit bis zu Olympia ist nicht mehr übrig. Am 7. Februar geht es für Taufatofua und Jacob per Flugzeug nach Seoul, von dort weiter nach Pyeongchan­g. Jacob wünscht sich, dass sein Schützling dort „ein gutes Rennen macht“. Einfach nur dabei sein, dass sei nicht sein Anspruch.

Zuvor blickt die Sportwelt auf die große Eröffnungs­feier – und bei Pita Taufatofua stellt sich natürlich die Frage, ob er noch einmal einen Glanzpunkt setzt wie in Rio. Taufatofua­s Trainer Jacob hat da schon so eine Ahnung: „Der ist so verrückt, dem traue ich alles zu.“

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FOTO: DPA
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FOTO: PRIVAT Pita Taufatofua jubelt in Island auf den Schultern des sportliche­n Leiters Steve Grundmann über die Qualifikat­ion. Rechts dahinter freut sich Trainer Thomas Jacob über den Erfolg seines Schützling­s.
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FOTOS (2): DPA Sein Auftritt als Fahnenträg­er für Tonga bei Olympia in Rio machte Pita Taufatofua weltberühm­t, 2017 war er dann schon Langläufer.
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