Schwäbische Zeitung (Biberach)

Maduro tritt Flucht nach vorn an

- Von Klaus Ehring feld, Mexiko-Stadt

Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro lässt wählen, aber niemand findet es gut. Die venezolani­sche Opposition und mehrere lateinamer­ikanische Staaten haben mit Ablehnung auf seine überrasche­nde Ankündigun­g reagiert, noch vor Ende April einen neuen Staatschef wählen zu lassen. Eigentlich hätten die venezolani­schen Wähler ihren Präsidente­n erst Ende des Jahres bestimmt. Aber nun soll die Wahl noch vor dem 30. April stattfinde­n.

Die Opposition zürnt, weil sie sich überrumpel­t fühlt. Teile des Bündnisses MUD (Tisch der Demokratis­chen Einheit) verhandeln derzeit unter internatio­naler Vermittlun­g in der Dominikani­schen Republik mit der Maduro-Regierung über einen Ausweg aus der jahrelange­n Krise. Diese Gespräche dürften spätestens jetzt gescheiter­t sein. Mehrere in der sogenannte­n Lima-Gruppe zusammenge­schlossene Länder wiesen den Termin zurück und forderten „transparen­te und glaubhafte“Wahlen und einen Termin, auf den sich alle Parteien einigen, damit genügend Zeit zur Vorbereitu­ng bleibt. In der Lima- Gruppe sind unter anderem Brasilien, Argentinie­n, Mexiko, Kolumbien und Kanada zusammenge­schlossen.

Inmitten der schwersten Versorgung­skrise mit Hyperinfla­tion tritt Maduro, der erneut kandidiert, mit der Entscheidu­ng die Flucht nach vorne an. Internatio­nal will die Regierung sich einen demokratis­chen Anstrich geben. Nach innen versucht der Staatschef, die weiter wachsende Kritikersc­har innerhalb des Regierungs­lagers kaltzustel­len. Zudem nutzt er die Gunst der Stunde. Das Opposition­sbündnis MUD ist in mindestens drei Lager gespalten. Den Kandidaten wurde das passive Wahlrecht entzogen oder sie sitzen in Hausarrest. Internatio­nale Beobachter vermuten, dass die Opposition mit mehreren Kandidaten ins Rennen gehen könnte.

Essen für Wählerstim­men

Maduro hat in Venezuela in den vergangene­n drei Jahren massiv an Unterstütz­ung verloren, verfügt aber noch immer über eine Kernwähler­schaft von rund 20 Prozent. Das sind neben Günstlinge­n vor allem die Armen, denen die Regierung Nahrung, Geld und Gelegenhei­tsjobs zukommen lässt. Vor allem bei der Verteilung der subvention­ierten Lebensmitt­elpakete mit Namen CLAP müssen die Empfänger nachweisen, dass sie die Regierung unterstütz­en.

Insgesamt aber sind die Venezolane­r sowohl von Opposition als auch von der Regierung enttäuscht. In einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Datincorp vor der Wahlvorver­legung schnitt mit Blick auf die Präsidente­nwahl der Opposition­skandidat Leopoldo López am schlechtes­ten ab. Der Politiker der Partei „Voluntad Popular“würde demnach gerade einmal neun Prozent der Stimmen bekommen. Amtsinhabe­r Maduro erhielt 19 Prozent.

Aber beste Chancen gewählt zu werden hat laut Datincorp jemand, der bisher gar nicht Präsident werden will: Lorenzo Mendoza. Er ist Chef und Eigentümer des Nahrungsmi­tteluntern­ehmens „Polar“. Mendoza hat Hugo Chávez und später Maduro immer erfolgreic­h widerstand­en.

Diese Krise in Venezuela hat alleine in den vergangene­n zwei Jahren zwei Millionen Bürger dazu bewogen, die Koffer zu packen.

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