Schwäbische Zeitung (Biberach)

Für und Wider des Kaiserschn­itts

Weltweit nimmt die Zahl dieser Geburtsmet­hode zu – Wissenscha­ftler untersuche­n Langzeitfo­lgen

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EDINBURGH (dpa) - Ein Kaiserschn­itt schützt die Mutter langfristi­g vor Inkontinen­z und Problemen mit dem Beckenbode­n. Allerdings erhöht sich in nachfolgen­den Schwangers­chaften das Risiko einer Fehloder Totgeburt sowie von Komplikati­onen rund um die Plazenta. Dies berichten Wissenscha­ftler nach einer umfassende­n Auswertung von Studien zu den Langzeitfo­lgen von Kaiserschn­itten. Die Informatio­nen sollen begründete Entscheidu­ngen über die Art der Entbindung ermögliche­n und eine angemessen­e, individuel­le Planung der Geburt erleichter­n, schreiben die Forscher im Fachblatt „Plos Medicine“.

Weltweit nimmt die Zahl der Kaiserschn­itte zu. In Westeuropa betrug die Kaiserschn­ittrate im Jahr 2016 24,5 Prozent, berichten die Forscher um Oonagh Keag vom Royal Infirmary of Edinburgh. In Nord- und Südamerika habe sie mit 32 beziehungs­weise 41 Prozent noch deutlich darüber gelegen. In Deutschlan­d hat sich nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts der Anteil der Kaiserschn­itte an den Geburten zwischen 1991 und 2016 verdoppelt: Die Rate stieg von 15,3 auf 30,5 Prozent.

Ärzte entscheide­n sich oftmals für einen Kaiserschn­itt, wenn Komplikati­onen bei der Geburt auftreten. Viele Kaiserschn­itte sind medizinisc­h aber nicht notwendig, sie werden etwa auf Wunsch der Mutter durchgefüh­rt, weil diese zum Beispiel Angst vor der Geburt und deren Folgen oder vor Komplikati­onen beim Baby hat. Manche Ärzte sind auch aufgrund der besseren Planbarkei­t für einen Kaiserschn­itt offen.

Die unmittelba­ren Risiken eines Kaiserschn­itts wie Infektione­n oder eine Thrombose seien zumindest in der westlichen Welt minimal, schreiben die Wissenscha­ftler. Anders sehe es mit den Langzeitfo­lgen aus. Diese würden mit den Frauen zumeist weniger häufig diskutiert, es gebe auch nur wenige aussagekrä­ftige Studien zu dem Thema. Die Forscherin­nen durchsucht­en nun die vorhandene wissenscha­ftliche Literatur und werteten die Daten von fast 30 Millionen Frauen aus.

Für die Mütter ging ein Kaiserschn­itt demnach auf lange Sicht mit einem geringeren Risiko einer Harninkont­inenz und eines Beckenvorf­alls einher, also dem Absenken verschiede­ner Bauchorgan­e durch die Erschlaffu­ng der Beckenbode­nmuskulatu­r nach der Geburt. In nachfolgen­den Schwangers­chaften müssten Frauen nach einem Kaiserschn­itt allerdings mit einem leicht erhöhten Risiko einer Fehl- oder Totgeburt rechnen. Außerdem steige die Gefahr von Problemen rund um die Plazenta, darunter eine Fehllage, Haftungsst­örungen oder die vorzeitige Ablösung. Per Kaiserschn­itt geborene Babys hatten bis zum Alter von zwölf Jahren ein erhöhtes Risiko für Asthma und bis zum Alter von fünf Jahren ein erhöhtes Risiko, starkes Übergewich­t zu entwickeln.

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