Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schutzlos im Eigenheim – wer hilft uns gegen Einbrecher?

- Von Tobias Rehm

Diesen Mittwoch im Dezember 2014 wird Sabine Schmid (Name von der Redaktion geändert) nicht mehr vergessen. Als sie gegen 17.30 Uhr von der Arbeit nach Hause kommt, lässt sich das Garagentor nicht öffnen, auch das Hoflicht geht nicht an. Die Vermutung, dass es einen Stromausfa­ll gegeben hat, zerschlägt sich, als Sabine Schmid die aufgebroch­ene Terrassent­ür sieht. Die junge Frau und ihr Mann, die im Landkreis Biberach wohnen, sind Opfer eines Einbruchs geworden. Wegen der Bewegungsm­elder hatten die Täter die Sicherung ausgeschal­tet. Ein Vorfall, der das Ehepaar auch drei Jahre später noch beschäftig­t. Und vielleicht nie ganz loslassen wird. „Es belastet mich nach wie vor, dass jemand in meinem Haus war und in meine Privatsphä­re eingedrung­en ist“, sagt Sabine Schmid „Das ist ein Gefühl, das man nicht beschreibe­n kann und niemandem wünscht. Nicht einmal seinem Erzfeind.“Alle drei bis vier Minuten steigt irgendwo in Deutschlan­d ein Dieb in ein Haus oder eine Wohnung ein. Über Jahre hinweg ist die Zahl der Wohnungsei­nbrüche gestiegen. Erst 2016 sind es nach zehn Jahren wieder weniger geworden. Auch im Zuständigk­eitsbereic­h des Polizeiprä­sidiums Ulm, wozu neben dem Stadtkreis Ulm und dem Alb-DonauKreis die Landkreise Biberach, Göppingen und Heidenheim gehören. Wurden 2015 noch 895 Fälle von Wohnungsei­nbruchdieb­stahl verzeichne­t, waren es ein Jahr später 779. Im Kreis Biberach vermeldet die Polizei hingegen erst für 2017 einen Rückgang. Die Zahl der Einbrüche habe im vergangene­n Jahr „deutlich eingedämmt“werden können. Konkrete Zahlen gibt es noch nicht, diese werden erst im Laufe des Frühjahrs veröffentl­icht.

Was sich hinter diesen Fakten verbirgt, wie es den Betroffene­n geht, was ein Einbruch für Auswirkung­en hat – all dies bleibt beim bloßen Blick auf die Zahlen im Verborgene­n. Sabine Schmid hat die Erfahrung gemacht, dass es die wenigsten interessie­rt, wie es einem Einbruchso­pfer geht. „Man hat das Gefühl, dass man nicht verstanden wird. Jeder will eigentlich nur wissen, was geklaut wurde.“In ihrem Fall waren es Bargeld und Schmuck, darunter auch Erbstücke. Doch der materielle Schaden rücke schnell in den Hintergrun­d. „Am Anfang wollte ich nicht mehr allein im Haus sein“, erzählt Sabine Schmid. „Ich hatte Angst, dass sie wiederkomm­en.“

Ängste und Sorgen, die Hans Birkle kennt. Er leitet die Biberacher Außenstell­e des Weißen Rings. Der Verein hilft Kriminalit­ätsopfern – „schnell, unbürokrat­isch und ohne Wartezeite­n“, betont Birkle. Vor allem Opfer von Sexualdeli­kten und jeglicher Gewalt nehmen die Hilfe des Weißen Rings in Anspruch, hin und wieder auch Einbruchso­pfer. „Viele von ihnen fühlen sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr wohl“, weiß Birkle. „Sie haben Schlafprob­leme, sind schreckhaf­t, manche kapseln sich regelrecht ab.“

Der Weiße Ring hat sich ebenso wie die Polizei das Thema Prävention auf die Fahnen geschriebe­n. Die Polizei hat extra eine Beratungss­telle, Fachberate­r kommen auf Wunsch nach Hause. Dieses Angebot haben auch Sabine Schmid und ihr Mann nach dem Einbruch angenommen. Seither haben sie Strahler mit Bewegungsm­eldern im Garten, eine Kamera an der Haustür, abgeriegel­te Lichtschäc­hte und abschließb­are Fenstergri­ffe. Beide wissen, dass es „den perfekten Schutz“nicht gibt, aber die Maßnahmen waren die Basis dafür, dass das Sicherheit­sgefühl nach und nach zurückkehr­te. „Es wird aber nie mehr so wie vorher sein“, befürchtet Sabine Schmid.

Ein halbes Jahr nach dem Einbruch haben Sabine Schmid und ihr Mann die Nachricht bekommen, dass die Ermittlung­en eingestell­t worden sind. Ob sie den Einbruch anders verarbeite­t hätte, wenn die Täter gefasst worden wären, kann die junge Frau nicht sagen. „Mich würde es aber interessie­ren, ob diese Leute ein Gewissen haben. Denn ich glaube nicht, dass ihnen bewusst ist, was sie angerichte­t haben.“

„Es wird nie mehr so wie vorher sein“

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Foto: imago Die meisten Einbrecher steigen über Fenster oder Terrassent­üren ein. Sind diese nicht speziell gesichert, sind die Täter innerhalb weniger Sekunden in der Wohnung.
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Entwicklun­g der Wohnungsei­nbruchdieb­stähle im Landkreis Biberach
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Foto: dpa „Die dunkle Jahreszeit ist am schlimmste­n“, sagt Sabine Schmid. Dann sind die Erinnerung­en an den Einbruch besonders präsent.

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