Schwäbische Zeitung (Biberach)

Länder regieren kräftig mit

Welche Ministerpr­äsidenten durch die Koalitions­verhandlun­gen an Einfluss gewonnen haben

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Während Armin Laschet, CDU-Ministerpr­äsident aus Nordrhein-Westfalen, gerade vor den Mikrofonen steht und über die neuesten GroKo-Ergebnisse berichtet, huscht sein baden-württember­gischer Kollege Winfried Kretschman­n im Hintergrun­d in den Bundesrat. Kein Journalist stürzt sich auf ihn, zurzeit ist er in Berlin nicht so gefragt.

Seit das Ende der Jamaika-Verhandlun­gen vor den Türen der Vertretung Baden-Württember­gs verkündet wurde, rückt Kreschtman­n, Deutschlan­ds beliebtest­er Ministerpr­äsident, wieder mehr in den Hintergrun­d.

Angesichts der Verhandlun­gen über die GroKo sind es zurzeit seine Kollegen von SPD und Union, die gefragt sind. Bis auf Kretschman­n (Grüne) und den Thüringer Kollegen Bodo Ramelow (Linke) kommen alle Ministerpr­äsidenten von der Union oder SPD. In manchen Dingen erleichter­t das die Verhandlun­gen gegenüber dem zuerst angepeilte­n Bündnis von CDU, FDP und Grünen.

So hieß es zum Beispiel beim Thema Kooperatio­nsverbot, dass man sich ohne Kretschman­n schneller einigen konnte. Der habe am meisten gebremst, auch wenn die CDU ebenfalls große Bedenken gegen Lockerungs­übungen in der Bildungspo­litik hatte.

Alle CDU- und SPD-Ministerpr­äsidenten sind bei den Koalitions­verhandlun­gen eingebunde­n – und Horst Seehofer (CSU) gehört als Parteichef sogar zu den Verhandlun­gsführern. In der SPD ist es besonders Manuela Schwesig, bei der CDU vor allem Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Volker Bouffier, die die neuen Zwischenst­ände durchgeben und kommentier­en.

Der Einfluss der Ministerpr­äsidenten wächst angesichts der Koalitions­verhandlun­gen. Denn sie sind es, die in ihren Ländern schon lange das Kunststück vollbringe­n, mit den unterschie­dlichsten Farbkombin­ationen klarzukomm­en.

Zwölf Farbkombis

Der Bundesrat ist mittlerwei­le so bunt wie eine Tüte Gummibärch­en. Genau zwölf verschiede­ne Farbkombin­ationen gibt es in Deutschlan­ds Ländern. Zwei Große Koalitione­n, zweimal Rot-Grün, zweimal RotLinks, zweimal Schwarz-Grün. Die anderen Bündnisse sind einmalig – Grün-Schwarz in Baden-Württember­g, Rot-Rot-Grün in Thüringen, die Ampel in Rheinland-Pfalz und Jamaika in Schleswig-Holstein. 16:0, wie jetzt bei der Abstimmung über die Parteienfi­nanzierung der NPD, geht es deshalb nur selten aus.

Schwindet die Macht der Grünen, wenn sie in der Bundesregi­erung nicht vertreten sind? In Niedersach­sen gehören sie nicht mehr der Regierung an, und auch Baden-Württember­g scheint in jüngster Zeit irgendwie stumm geworden zu sein auf Bundeseben­e. Doch das kann auch nur eine Momentaufn­ahme sein.

Denn insgesamt sind die Grünen an zehn Landesregi­erungen beteiligt und können gut über Bande spielen. So treffen sie sich in Berlin am Abend vor dem Bundesrat am grünen Kamin, und auch wenn Baden-Württember­g an der B-Runde teilnimmt, dem Lager der unionsgefü­hrten Länder, können die Grünen doch auch Spaltpilz im Bundesrat spielen. Bei Fragen wie den sicheren Herkunftsl­ändern zeigte sich das bereits.

Allerdings gilt für alle: Der Bundesrat ist so bunt geworden, dass er, wie ein Minister seufzte, „kaum noch zu überschaue­n“ist. Das wiederum könnte den Ländern zugute kommen, ihre Interessen gegen den Bund in unerwartet­en Allianzen durchzuset­zen.

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FOTO: AFP Mittendrin in den Koalitions­verhandlun­gen: Armin Laschet, CDU-Ministersp­räsident aus Nordrhein-Westfalen.

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