Schwäbische Zeitung (Biberach)

Rote Zahlen statt Trendwende

Nach erneutem Jahresverl­ust vertröstet Deutsche-Bank-Chef John Cryan auf 2018

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - 2018 soll es endlich gelingen. „Ich sehe ein erfolgreic­hes Geschäftsj­ahr vor uns“, sagte Deutsche-Bank-Chef John Cryan bei der Vorlage der Bilanz am Freitag. „Wir sind auf einem guten Weg.“Das Geschäft mit den Kunden in allen Sparten nehme wieder Fahrt auf. An den Märkten dürfte wieder kräftiger gehandelt werden, außerdem hofft er auf steigende Zinsen. Die könnten die für 2019 erwartete Zinserhöhu­ng durch die EZB auch im laufenden Jahr schon vorwegnehm­en.

Opfer der US-Steuerrefo­rm

Mit den Ergebnisse­n des abgelaufen­en Jahres war er jedoch nicht zufrieden. 2017 war das dritte Verlustjah­r in Folge, das hatte die Deutsche Bank schon Anfang Januar mitgeteilt – nach Steuern. Doch aus dem damals avisierten „geringen Verlust nach Steuern“ist nun eine halbe Milliarde Euro geworden. Der wesentlich­e Grund ist die Steuerrefo­rm in den USA, die die Bank mit 1,4 Milliarden Euro belastet hat. Vor Steuern erwirtscha­ftete das Institut einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro, damit ist sie zumindest hier aus den roten Zahlen heraus, denn 2016 hatte sie noch einen Verlust von 810 Millionen Euro geschriebe­n.

Dass es im vergangene­n Jahr im operativen Geschäft noch nicht rund lief, habe verschiede­ne Gründe, sagte Cryan. Einer davon war das schwache Kapitalmar­ktgeschäft im zweiten Halbjahr, vor allem im vierten Quartal. Da brach der Handel mit Anleihen und Währungen um 29 Prozent ein, der Aktienhand­el um 25 Prozent. Denn an den Finanzmärk­ten gab es nur geringe Schwankung­en. „Das ist gut für die Wirtschaft, aber schlecht für die Deutsche Bank“, erklärt Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management. Denn die institutio­nellen Investoren halten sich in solchen Marktphase­n zurück. Darunter litt die Deutsche Bank stärker als ihre Wettbewerb­er.

Kosten nicht im Griff

Außerdem hat das Geldhaus die Kosten immer noch nicht im Griff: Ihr Ziel, diese im laufenden Jahr auf 22 Milliarden Euro zu senken, hat sie aufgegeben – nun rechnet sie mit 23 Milliarden Euro. Dass sie in dieser Lage trotzdem Boni ausschütte­n will, hatte in dieser Woche zu breiter Entrüstung geführt – auch in der Politik. Eine Milliarde Euro sollen das sein – diese Summe bestätigte die Bank jedoch gestern nicht. „Wir müssen wettbewerb­sfähig bezahlen, wenn wir uns dem Wettbewerb stellen“, begründete Co-Vizechef Markus Schenck die Boni-Zahlung, und Cryan selbst ergänzte, man müsse die Mitarbeite­r auch dafür belohnen, dass sie in schweren Zeiten zur Deutschen Bank gestanden hätten. „Kommendes Jahr ist eine ähnliche variable Vergütung nur bei entspreche­ndem Geschäftse­rfolg zu rechtferti­gen“, versichert­e er jedoch.

Dass die Bank die Kosten nicht in den Griff bekommt, ist die eine Enttäuschu­ng für die Finanzmärk­te. Die andere: Das Geschäft schrumpft. Die Erträge sanken im Gesamtjahr 2017 um zwölf Prozent auf 26,4 Milliarden Euro. Die Bank habe Tochterges­ellschafte­n verkauft als auch Beteiligun­gen wie die an der chinesisch­en Hua Xia Bank oder dem britischen Lebensvers­icherer Abbey Life, versuchte Finanzvors­tand James von Moltke zu beschwicht­igen. Doch die Finanzmärk­te reagierten enttäuscht: der Aktienkurs brach zwischenze­itlich um fast sieben Prozent ein.

Immerhin macht die Bank aber auf einigen Feldern auch Fortschrit­te. Die Vorbereitu­ngen für den TeilBörsen­gang der Vermögensv­erwaltung Deutsche Asset Management laufen. Mit der Integratio­n der Postbank liege man im Plan, sagte Privatkund­envorstand Christian Sewing. Man wolle die Rechtseinh­eiten im zweiten Quartal des Jahres zusammenfü­hren. Auch im operativen Geschäft komme man voran. Von 720 Filialen sind inzwischen nur noch 535 übrig, damit ist der Filialabba­u der Deutschen Bank soweit abgeschlos­sen. Der Abbau von 4000 Stellen in Deutschlan­d soll bis Ende des Jahres über die Bühne gehen; 9000 will die Bank weltweit streichen.

Leichtgewi­cht Deutsche Bank

Ob das reicht, um auf Dauer selbststän­dig zu bleiben, ist fraglich. Der Börsenwert liegt bei nur noch knapp über 30 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die US-amerikanis­che Großbank JP Morgan kommt auf das Zehnfache. Wohl auch vor diesem Hintergrun­d schließt DeutscheBa­nk-Chef Cryan eine Fusion nicht aus: „In der Zukunft könnte die Bank vielleicht eine Kombinatio­n mit anderen positiv sehen“, sagte er. Derzeit sei daran aber nicht zu denken. Erst müsse die Bank weiter saniert und profitable­r werden.

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FOTO: AFP Deutsche-Bank-Hauptsitz in Frankfurt: Das einst stolze Bankhaus ist heute nur noch ein Schatten früherer Tage.
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FOTO: DPA John Cryan

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