Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wachrüttel­n für die digitale Zukunft

Via Youtube: Marcel Müller möchte mit eigener Geschichte Jugendlich­e ermuntern

- Von Axel Pries

LAUPHEIM - Es ist eine unwahrsche­inlich anmutende, aber doch wahre Geschichte, die der gebürtige Laupheimer Marcel Müller erzählen kann. Es ist die Geschichte eines Spätzünder­s, der den Sprung von der Hauptschul­e an die Universitä­t schaffte. Es ist seine eigene Geschichte, und die erzählt der 31-Jährige jetzt bevorzugt auf Youtube in einer Serie von Videos. Denn Marcel Müller verfolgt eine Mission: Über das moderne Medium möchte er vor allem junge Menschen auf tiefgreife­nde Änderungen in der Berufswelt vorbereite­n – und sie zu schulische­m Ehrgeiz ermuntern. Seine Weisheit, wie er sie im Gespräch formuliert: „Die Neuerungen kann man nicht ändern, man muss sich selbst ändern.“So wie er selbst es konnte, nachdem er zunächst von der Grund- auf die Hauptschul­e geschickt worden war. Heute ist er als Wirtschaft­sinformati­ker wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r der Universitä­t München.

Ein Schicksals­schlag war Hintergrun­d für seine Einstufung zur Hauptschul­e: Die Eltern des jungen Marcel hatten sich getrennt, und in der Folge sackte er in der Schule stark ab. „Ich war einfach hippelig.“Er durchlief bis 2002 die Hauptschul­e, erlebte dabei sogar noch eine schulische Krise. „Da war mir noch nicht bewusst, was ich kann.“Das wirft er nach seiner Erfahrung auch der Institutio­n Hauptschul­e vor: „Man legt wenig Wert darauf, den Schülern zu zeigen, was alles möglich ist.“

Aber Marcel machte sich auf einen langen Ausbildung­sweg, bei dem ihm bewusst wurde, was er wirklich kann. Er schaffte eine kaufmännis­che Berufsausb­ildung und beantragte damit die mittlere Reife.

Nach der Ausbildung erlangte er die einjährige Fachhochsc­hulreife und schaffte den Sprung an die Fachhochsc­hule. 2014 hielt er in Händen, wovon er als Hauptschül­er nicht zu träumen wagte: den Bachelor of Science. Danach arbeitete er im Angebotsma­nagement in der Flugsicher­ungsbranch­e und setzte noch den Master of Science in Wirtschaft­sinformati­k drauf. Eine fast perfekte Ausbildung lag hinter ihm – begonnen da, wo viele junge Menschen schon fast das Ende sehen.

In der Zukunft eine völlig neue Berufswelt

Marcel Müller lernte aber nicht nur spezialisi­erten berufliche­n Stoff, er gewann auch Erkenntnis­se aus der Berufswelt allgemein. Und ihm wurde bewusst: „Die zunehmende Digitalisi­erung ist ein Problem für Arbeitnehm­er.“Was für den Verbrauche­r wachsende Bequemlich­keit mit sich bringt, werde die Berufswelt völlig umkrempeln, glaubt er. „Die Berufe der meisten Haupt- und Realschüle­r von heute werden morgen einfach wegfallen. Wer nicht mithält, fällt schlicht raus.“An der Stelle setzt er mit seiner Erfahrung und seinem Wissen an: „Ich möchte zeigen, was möglich ist.“Sein eigenes Beispiel soll junge Leute ermuntern, die eigenen Möglichkei­ten im Beruf besser auszunutze­n.

Dazu stellt sich Marcel Müller nun zwei bis drei Mal im Monat vor die Videokamer­a und erzählt: von sich, von Berufen, von Erfahrunge­n. Die Videos veröffentl­icht er auf Youtube und hofft, eine möglichst breite Zuhörersch­aft zu erreichen. Immerhin: Seine ersten drei Videos wurden bereits von 500 Menschen betrachtet – das sind mehr, als er über Vorträge in Schulen erreicht hätte. Es sollen noch viel mehr werden. „Eltern, Schüler, Politiker: Die möchte ich wachrüttel­n.“

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FOTO: PRIVAT Geschichte­n via Youtube: Marcel Müller will vor allem junge Leute ansprechen.

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