Schwäbische Zeitung (Biberach)
Biberacher Mauerbau
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“Ein bisschen fühlte man sich im Biberacher Gemeinderat diese Woche an Walter Ulbrichts Satz erinnert, mit dem er 1961 noch Wochen vor dem Berliner Mauerbau versuchte, diesen zu leugnen. Das war’s aber auch schon mit den Parallelen.
Denn in Biberach geht es zum Glück nur um eine zwar große und nicht besonders schöne Lärmschutzwand; es ist also keine „Mauer“, die das DFB-Minispielfeld im Gaisental lärmtechnisch schon bald von der geplagten Nachbarschaft abschirmen soll, auch wenn das im Rat niemand so richtig will. In den Wortmeldungen der Stadträte wurde das Bauwerk im Verlauf der Debatte gefühlt immer größer. Hätte die Diskussion noch eine Stunde länger gedauert, ich bin mir sicher, sie hätten den Bau der Chinesischen (Lärmschutz-)Mauer beschlossen.
Apropos Schutz: Viel war diese Woche über Abgastests mit Affen und Menschen zu hören und zu lesen, die Autohersteller in Auftrag gegeben haben sollen. Verwerflich, unethisch und abstoßend sei das, lauteten die Reaktionen. Einen ähnlichen Aufschrei der Empörung würde ich mir auch mal wünschen, wenn im Städtle mal wieder mit laufendem Motor geparkt wird, weil die Gattin doch „bloß schnell“beim Bäcker was holt; oder der Fahrer eines Lieferdiensts sein Fahrzeug minutenlang am Marktplatz entlädt, während der Motor munter weiterrattert und Abgaswolken in die Luft bläst. Da komm ich mir mitunter auch wie ein Versuchsäffchen vor. Schönes Wochenende!
Euer Marktplatz-Esel