Schwäbische Zeitung (Biberach)
Rückenwind für eine eigene Planungsgesellschaft
Minister Hermann dämpft gleichzeitig Erwartungen der Landkreise Ravensburg, Bodensee und Sigmaringen
KREIS RAVENSBURG - Im Landkreis Ravensburg erwartet man die Prioritätenliste für den Straßenbau, die das Land nun am 20. März vorlegen will, mit besonderer Spannung. Es soll schließlich endgültig über eine eigene Straßenplanungsgesellschaft der Landkreise Ravensburg, Bodensee und Sigmaringen entschieden werden, wenn die Liste endlich existiert.
Hoffnungen, wonach die Regierungspräsidien bei der Priorisierung erheblich mehr Einfluss bekommen sollten, dürften sich allerdings zerschlagen. Entsprechende Gerüchte hat das Verkehrsministerium dementiert. Minister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) sprach lediglich von „mehr Beinfreiheit“.
Personalmangel beim Land
Der Ravensburger Bundestagsabgeordnete Axel Müller (CDU) hielte es dennoch für den richtigen Ansatz, die großen Verkehrsprojekte stärker auf der Ebene der Regierungspräsidien zu managen. Nach Einschätzung des Weingarteners könnte davon insbesondere Oberschwaben profitieren. „Klar ist aber auch, dass es bei allen Entscheidungen weiterhin enge Abstimmungen mit dem Landesverkehrsministerium geben wird.“Müller, der für die CDU im Ravensburger Kreistag sitzt, hält die Idee, eine eigene Planungsgesellschaft für den Straßenbau zu gründen, deshalb weiter für richtig: „Selbst wenn Tübingen mehr Spielraum bekommt, bliebe es ja bei dem Problem, wer die Planungen zeitnah angehen soll.“
Wie berichtet, wollen die Landkreise Ravensburg, Sigmaringen und Bodensee sowie der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben eine Gesellschaft gründen, um gemeinsam die größten Straßenbauprojekte in der Region voranzubringen. Grund für den Vorstoß ist der Personalmangel beim Land. Weil das nicht genügend Straßenplaner hat, befürchten Regionalverband und Kreisverwaltung, dass sich in den nächsten elf Jahren bei den großen Straßenbauprojekten im Raum Oberschwaben/Bodensee nichts tut.
Die Kreistage Ravensburg und Sigmaringen haben bereits zugestimmt. Der Bodenseekreis hat dagegen beschlossen, die zur Gründung der Planungsteam Bodensee-Oberschwaben GmbH vorgesehenen Finanzmittel aus dem Haushalt zu streichen. Ob die Idee einer gemeinsamen Straßenplanungsgesellschaft damit gestorben ist, ist noch nicht entschieden. Eine inhaltliche Diskussion soll es am Bodensee noch geben – im ersten Quartal. Grundlage für die Entscheidung soll eben die Prioritätenliste des Landes sein.
Den Aufgaben gerecht werden
Rudolf Bindig, Fraktionschef der SPD im Ravensburger Kreistag, langjähriger Bundestagsabgeordneter und Verkehrsexperte, hält die Prioritätenliste anhand nachvollziehbarer Kriterien im Kern für richtig. Bindig ist aber ein Gegner der Planungsgesellschaft. Die SPD will das Land fordern, seinen Aufgaben gerecht zu werden.
Ravensburg mit Oberbürgermeister Daniel Rapp erhofft sich das insbesondere für den Molldietetunnel, der – so die Annahme der Stadt Ravensburg – in der Prioritätenliste so weit vorne stehen müsste, dass er vom Land selbst zeitnah geplant würde. Die Straßenbaugesellschaft könnte sich damit auf andere Projekte konzentrieren. Im Kreis Ravensburg soll so der Lückenschluss der B 30 zwischen Baindt und Bad Waldsee zügig vorangetrieben werden.
Bad Waldsees Bürgermeister Roland Weinschenk befürwortet die Planungsgesellschaft bekanntlich und sagte im Hinblick auf mögliche Ortsumfahrungen in Gaisbeuren und Enzisreute zuletzt: „Es ist uns ein großes und wichtiges Anliegen, dass die Planungen zügig beginnen.“
Auch der Biberacher Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger (CDU) hält eine Straßenbaugesellschaft für sinnvoll. Gerade Maßnahmen, die in der Prioritätenliste weiter unten rangierten, könnten schneller angegangen werden. „Das ist aus meiner Sicht notwendig“, sagt der Verkehrsexperte der CDU-Fraktion. Dafür müsse allerdings zunächst die gesetzliche Grundlage her, denn bislang dürfen Kommunen Bundesstraßen gar nicht selbst planen. Über eine Verwaltungsvorschrift will das Verkehrsministerium diese Grundlage bis Mitte des Jahres schaffen. „Wir werden ein Anhörungsverfahren dazu machen“, sagte ein Ministeriumssprecher der „Schwäbischen Zeitung“. Außerdem wird die Verwaltungsvorschrift im Kabinett besprochen werden.