Schwäbische Zeitung (Biberach)

Tattoo – Bekenntnis oder Schmuck?

- Von Alfred Tönnis

Tattoo-Motive, die mit Tinte, Pigment oder anderen Farbmittel­n in die Haut eingebrach­t werden, sind oft zu sehen. Vielfältig sind die Motive und auch die Größe und Örtlichkei­t. Ob Arm, Schulter, Brust, Bein oder auch andere Stellen werden damit versehen. Unabhängig, ob man es mag oder nicht – oftmals ist es interessan­t, sich darüber Gedanken zu machen und auch darüber ins Gespräch zu kommen. Manche Berufsgrup­pen dürfen es ja nicht öffentlich sichtbar tragen. In einigen Ländern ist es verboten und wird mit einer schweren Strafe geahndet.

Ich habe kein Tattoo, aber frage gerne andere Menschen: „Warum hast du dieses Tattoo?“Und die Antworten sind öfters spannend und überrasche­nd.

Da hat einer auf der Brust einen Adler mit einer Uhr. Ein Datum steht in dieser Uhr. Auf meine Frage hin wird mir gesagt, dass es der Todestag vom Opa sei, an dem die Person sehr hing.

Da hat einer einen Vornamen auf dem Oberarm – schön verziert. Oder manche den Namen der Tochter oder des Sohnes. Meine Lieben sind so immer bei mir, wird mir da gesagt.

Manche haben Symbole: Schwerter zum Beispiel. Ich bin ein Kämpfer und musste immer kämpfen. Sogar einen Rosenkranz habe ich da gesehen. Auf die Frage, was das denn ist und warum, kam allerdings die Antwort: „Ich weiß nicht, aber hat mir gefallen.“

Wenn wir auf Justin Bieber schauen und seine Brust, sehen wir ein großes Kreuz – sichtbar und demonstrat­iv. Bei seinen ganzen Eskapaden – ohne näher darauf einzugehen – passt das überhaupt? Ist das nicht gottesläst­erlich oder so?

Tattoos können ein Bekenntnis sein. Sie können ein Zeugnis für eine innere Einstellun­g sein. Sie können ein glaubwürdi­ges Zeichen für eine Beziehung sein. Aber es kann auch ganz anders sein. Schmuck, Verzierung wäre denkbar und auch eigentlich völlig unpassend zum tagtäglich­en Leben dieser Person sein.

Ist es nicht auch so mit dem Christsein? Eine schöne Kette um den Hals macht noch keinen Christen. Der Kirchgang allein ist noch keine Christusna­chfolge. Äußerliche Zeichen können leer sein. Sie müssen angefüllt werden mit dem konkreten Leben.

Wir reden vom christlich­en Abendland. Was ist damit gemeint? Bringen das allein die Kreuze, die Kirchen und Kapellen, die Klöster und Friedhöfe zum Ausdruck? Muss es nicht mehr sein?

Wir reden von Demokratie und schauen auf Berlin. Und auf den Adler, unser Staatswapp­en. In der Antike galt der Adler als Bote der Götter. In der griechisch­en Mythologie versinnbil­dlichte er Zeus, bei den Römern Jupiter und bei den Germanen den Hauptgott Odin. Neben der göttlichen Ewigkeit symbolisie­rt er auch Mut und Stärke.

Unsere Zeit braucht Zeugen – denn die überzeugen. Unsere Zeit braucht Zeichen und Symbole und hat sie auch.

Aber unsere Zeit braucht auch Menschen, die genau den Zeichen und Symbolen entspreche­nd ihr Leben gestalten – als Zeugen. In den Religionen, Kulturen und den persönlich­en Ausdrucksf­ormen.

Was macht einen Schwaben zum Schwaben? Das Schwäbisch? Hier geboren zu sein? Oder gibt es Wesenszüge?

Was macht den Christen zum Christen? Die Taufe? Im christlich­en Umfeld geboren zu werden?

Was macht den Muslim zum Muslim? Die Geburt und den speziellen Satz ins Ohr gesagt zu bekommen? Die Beschneidu­ng?

Zeugnis geben, jeden Tag aufs Neue. Dem Tattoo „Hand und Fuß“geben. Der Demokratie „Hand und Fuß“geben. Der Religion „Hand und Fuß“geben.

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FOTO: PRIVAT Pater Alfred Tönnis OMI

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