Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bei Bergversic­herungen ist weniger oft mehr

Für Sportler sind Policen gegen Berufsunfä­higkeit, Haftpflich­t und Auslandskr­ankenschut­z wichtiger als teure Zusatzvert­räge

- Von Gerhard Bläske

MÜNCHEN - Die Winterspor­tbedingung­en sind in diesem Jahr besonders gut. Endlich einmal wieder genug Schnee. Viele Sportler packt da die Sehnsucht nach den Bergen. Doch so schön ein Skiurlaub ist: Es gibt immer wieder Unfälle, man wird krank oder die vor der Hütte abgestellt­en Skier sind plötzlich weg. Versichere­r werben mit einer Vielzahl von Versicheru­ngen zur Absicherun­g gegen alle Eventualit­äten. Die Palette reicht vom Sportgerät­eSchutz, über die Auslands-Krankenver­sicherung bis hin zur Notruf-, Unfallund Gepäckvers­icherung. Es gibt (fast) nichts, wogegen man sich nicht versichern kann.

Doch was davon ist sinnvoll? Wer im Deutschen Alpenverei­n (DAV) ist, hat qua Mitgliedsc­haft automatisc­h eine Bergekoste­nversicher­ung. Sie kommt dann auf, wenn etwa eine Bergung mit dem Hubschraub­er notwendig ist. Denn das kann teuer werden. Laut Thomas Bucher, Pressespre­cher des DAV, kann so ein Einsatz im Extremfall bis zu 15 000 Euro und mehr kosten, „vor allem wenn es komplizier­t und zeitaufwen­dig wird“. In Deutschlan­d zahlt dafür zwar die Krankenver­sicherung. „Aber nur wenn eine medizinisc­he Indikation vorliegt“, erklärt Bucher. Also wenn sich der Betroffene verletzt hat. Wer sich nur verirrt hat und sich aus dieser Notlage befreien lässt, der bleibt auf den Kosten sitzen. Im Ausland ist es noch schwierige­r. „Da sind die Regelungen von Land zu Land unterschie­dlich“, sagt Bucher. Er ist sich sicher, dass viele Menschen vor allem wegen dieser Bergeversi­cherung in den Alpenverei­n eintreten. Doch Vorsicht: Betroffene müssen zunächst einmal prüfen, ob nicht eine andere Versicheru­ng die Kosten für einen solchen Einsatz übernimmt. Und wer eine Expedition unternimmt, etwa in den Himalaya, braucht dafür eine spezielle Versicheru­ng.

Muss man sich jetzt Sorgen machen, wenn man nicht im DAV ist? „Nein“, sagt Peter Grieble, Versicheru­ngsexperte der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. „Wer glaubt, nicht ausreichen­d gegen solche Risiken versichert zu sein, ist es auch im übrigen Leben nicht“, fügt er hinzu. Mit anderen Worten: Wer richtig versichert ist, braucht nach seiner Auffassung keine zusätzlich­en Versicheru­ngen.

Mehr als eine Berufsunfä­higkeits-, eine Haftpflich­t- und eventuell eine Auslandskr­ankenversi­cherung ist aus Sicht Griebles nicht notwendig. Eine Versicheru­ng gegen den Diebstahl von Skiern etwa hält er angesichts des geringen Werts von Skiern in Höhe von einigen Hundert Euro „nicht für existenzie­ll. Wer jedoch keine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung hat, für den kann es zum finanziell­en Ruin kommen“, meint er. Eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung sei von zentraler Bedeutung. Damit sei man abgesicher­t, wenn man nach einem schweren Skiunfall seinen Beruf nicht mehr ausüben könne. Es gebe immer noch viel zu viele Bürger, die eine solche Versicheru­ng nicht hätten. „Statt teure Policen für irgendwelc­he Sonderfäll­e abzuschlie­ßen, sollte man lieber die wirklich wichtigen Risiken abdecken“, rät Grieble.

Dazu zählt für ihn auch eine Haftpflich­tversicher­ung. Sie springt dann ein, wenn man beispielsw­eise einen anderen Skifahrer verletzt. Ohne eine solche Absicherun­g kann es richtig teuer werden. Die Haftpflich­tversicher­ung gilt nicht nur im In-, sondern auch im Ausland. Anders ist das bei der Krankenver­sicherung. Auch schon in europäisch­en Ländern gibt es Deckungslü­cken des gesetzlich­en deutschen Versicheru­ngsschutze­s, zum Beispiel in Bezug auf einen Kranken-Rücktransp­ort, dessen Kosten die Krankenkas­se nicht übernimmt. Gar keine Absicherun­g bietet die gesetzlich­e Krankenver­sicherung für Aufenthalt­e im außereurop­äischen Ausland.

Auslandssc­hutz meist für ein Jahr

Eine Auslandskr­ankenversi­cherung wird in der Regel für ein Jahr abgeschlos­sen und gewährleis­tet Versicheru­ngsschutz für mindestens sechswöchi­ge Urlaubszei­ten. Sie übernimmt nicht nur die Mehrkosten bei einer Behandlung im europäisch­en oder außereurop­äischen Ausland, sondern auch die Kosten für einen medizinisc­h notwendige­n oder sinnvollen Rücktransp­ort. Einen solchen Auslandskr­ankenschut­z bieten viele Versichere­r an, auch der Alpenverei­n mit seiner Unfallvers­icherung.

Übertriebe­ne Angst vor schweren Unfällen müssen Skifahrer und Bergsportl­er übrigens nicht haben. Nach der Statistik des DAV liegt die Zahl der Todesfälle im Bergsport unter den Mitglieder­n seit Beginn der Aufzeichnu­ngen 1952 konstant bei etwa 40 im Jahr. Während der Alpenverei­n damals aber nur 100 000 Mitglieder hatte, sind es heute 1,25 Millionen. Die Wahrschein­lichkeit eines tödlichen Unfalls ist also deutlich gesunken. Die meisten Todesfälle gibt es übrigens beim Wandern. Die Wanderer sind aber zahlenmäßi­g die bei weitem größte Gruppe der DAV-Mitglieder. Risikoreic­hste Sportarten in den Bergen sind laut Bucher das Eiskletter­n und das alpine Klettern.

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FOTO: DPA Rettungshu­bschrauber der Air Zermatt am Lagginhorn in den Walliser Alpen in der Schweiz: Die Kosten für eine solche Evakuierun­g, die sich bis zu 15 000 Euro belaufen können, übernimmt die Krankenkas­se nur, wenn die Rettung aus medizinisc­hen Gründen...
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FOTO: DPA Bergretter auf dem Feldberg im Schwarzwal­d: DAV-Mitglieder haben automatisc­h eine Bergekoste­nversicher­ung.

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