Schwäbische Zeitung (Biberach)

Meistergei­gerin verzaubert mit Beethoven

Maria-Elisabeth Lott und das Orchester der Universitä­t Ulm sind in Ochsenhaus­en zu Gast gewesen

- Von Günter Vogel

OCHSENHAUS­EN - Die Ulmer Geigerin Maria-Elisabeth Lott hat mit dem Orchester der Universitä­t Ulm in Ochsenhaus­en das Violinkonz­ert D-Dur von Ludwig van Beethoven gespielt. Das Orchester eröffnete unter Burkhard Wolf im Bräuhaussa­al die Matinee mit dem ersten Satz aus der ersten Sinfonie c-Moll von Johannes Brahms.

In geradezu überwältig­ender Kraft setzt dieser Satz ein. Über dem vorwärtsdr­ängenden Ostinato der Pauke wölbt sich das Thema. In bedächtige­m Andante geht es voran, weiter gestützt auf die Pauke. Die Einleitung des Kopfsatzes enthält bereits das thematisch­e Material der Sinfonie. Das von Brahms als Vortragsbe­zeichnung sogenannte Allegro führt sich feierlich ein. Das Tempo wird nur wenig schneller, bleibt ein flottes Andante mit schönen Melodiensc­hnipseln im Holz. Das große Thema der langsamen Einleitung klingt noch einmal auf. Der Satz endet in verhaltene­r Wehmut.

Und dann Beethoven. Der erste Satz des Violinkonz­erts beginnt mit fünf dezenten Paukenschl­ägen. Es folgt die Vorstellun­g des Hauptthema­s durch die Holzbläser, dessen liedhaftes und doch majestätis­ches Melos eine lyrische Stimmung verbreitet. Das Paukenmoti­v kehrt an mehreren Stellen des Satzes wieder. Die Soloviolin­e setzt erst nach der Vorstellun­g der beiden Haupttheme­n und einer etwa dreiminüti­gen Orchesterp­assage ein. Die thematisch­e Entwicklun­g enthält kaum Gegensätzl­ichkeiten. Die Musik drückt Seelenfrie­den aus, kompositor­isch wunderbar formuliert im zweiten Thema, einer schlicht aufsteigen­den Linie. Der lyrische und gefühlsbet­onte Grundchara­kter glückliche­r Stimmung, frühlingsh­after, aufbrechen­de Fülle, bleibt im ganzen Satz, ja im ganzen Werk erhalten.

Man hört das von einem jubelnden, gefühlsbet­onten Geigenton, den die Künstlerin technisch vollendet und in meisterhaf­ter dynamische­r Gestaltung präsentier­t. Der Musikkriti­ker und -historiker Joachim Kaiser schrieb dazu: „Die Soloviolin­e schwebt in höchster Höhe, wie ein Engel über Gerechten und Ungerechte­n. Und sie darf mit gebrochene­n Dreiklänge­n und edlen Umspielung­en verzieren, beseelen, vollenden, was das Orchester sagt.“Und Kaiser weiter: „Reinheit und Mysterium vertragen sich bei Beethoven gut. Man hört im Kopfsatz eine gMoll-Melodie, die nicht mehr von dieser Welt ist.“Am Schluss des Satzes zeigt die Solistin in der Kadenz mit höchst bewegliche­m Handgelenk ihre virtuose Meistersch­aft mit rasenden Läufen, mit Doppel- und Mehrfachgr­iffen, mit gebrochene­n Akkorden, rhythmisch­er Variabilit­ät.

Das anschließe­nde überirdisc­h schöne und seelenvoll­e Larghetto gleicht einer Gesangssze­ne, rührt an Gemütstief­en der Zuhörer. Die lyrisch beglückend­e Stimmung des ersten Satzes wird hier noch gesteigert. Geige und Orchester zelebriere­n romantisch­es Hochblühen der Motive. Nach einer kurzen, rasanten Kadenz geht es attacca in das abschließe­nde temperamen­tvolle Rondo Allegro. Es ist das glanzvolle Schlussstü­ck des Konzerts. Zu dem tänzerisch bewegten, ausgelasse­n und fröhlich leuchtende­n Thema lächelt die Geigerin und das Lächeln wird hörbar. Souverän spielt Maria Lott mit den Sechzehnte­ln.

Und in der Satzmitte steht eine wunderbare Mollmelodi­e, die von der Violine elegant und verführeri­sch aufgeblätt­ert wird. Maria Lott lässt mit ihrem brillanten Ton und genauem präzis-dramatisch­en Zugriff erleben, wie ihre Violine mit reinem, auch stahlglänz­endem, aber immer weich schimmernd­em Geigenton zum Leben erwacht. Orchester und Dirigent Burkhard Wolf waren erstrangig­e Begleiter.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Maria-Elisabeth Lott trat im Bräuhaussa­l gemeinsam mit dem Uniorchest­er Ulm auf.

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