Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Versicherungen können selbst anpassen“
Regierungspräsidium wehrt sich gegen den Eindruck, dass es Hemmschuh für günstige Hochwasserpolicen wäre
RIEDLINGEN - Das Regierungspräsidium Tübingen wehrt sich gegen den Eindruck, dass es an der Behörde liege, wenn Anwohner im Riedlinger Ober- oder Unterried keinen günstigen Versicherungsschutz für den Überschwemmungsschutz erhalten. Die Hochwassergefahrenkarten, die von den Behörden erarbeitet werden, hätten nur deklaratorischen Charakter, so Dirk Abel, Pressesprecher der Behörde. Dementsprechend seien Versicherungen frei, schon jetzt der geänderten Situation in Riedlingen Rechnung zu tragen und den Versicherungsschutz entsprechend anzupassen.
„Das Versicherungsunternehmen hat von sich aus die Möglichkeit, die Versicherungen anzupassen“, sagt Abel. Zwar ist es im Grundsatz so, dass die Versicherungen auf die Daten der Hochwassergefahrenkarten (HWGK) für ihre Einschätzung und ihre Einstufung zurückgreifen. Aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass sie auf Veränderungen nicht reagieren können, selbst wenn dies noch nicht abschließend in den Hochwassergefahrenkarten hinterlegt ist. Zudem sei durch die lila Markierung ja deutlich gemacht, dass sich eine Veränderung ergeben habe. „Der Versicherungsschutz hängt nicht von der Kartenfortschreibung ab, sondern vom Willen der Versicherung. Die HWGK haben nur deklaratorischen Charakter und die Rechtswirkung ist bereits mit Fertigstellung des Hochwasserschutzes eingetreten“, stellt Abel klar.
Policen mit Selbstbehalt
„Wir haben unseren Teil gebaut, der Hochwasserschutz ist da“, sagt Abel. Von daher sieht er nun die Unternehmen gefordert. Die Behörden seien sehr wohl daran interessiert, dass die Bürger einen günstigen Versicherungsschutz erhalten. Er rät dazu, dass der Versicherungsnehmer oder der Interessent auf seine Versicherung zugeht und auf die veränderte Situation und den Lila-Eintrag in den HWGK hinweist. „Auf dieser Basis wendet sich die Versicherung dann – wie üblich und auch im Text auf der Karte dargestellt – an die zuständige Behörde, also das Landratsamt Biberach. Dieses teilt der Versicherung offiziell mit, dass der Hochwasserschutz nun gebaut ist und daher das Gebiet vor einem HQ 100 (Jahrhunderthochwasser, d. Red.) geschützt ist“, so Abel. Damit müsste die Einstufung in die höchste Schadenskategorie Zürs 4 passé sein und die Bürger eine günstigere Möglichkeit der Versicherung erhalten.
Ein Anwohner des Oberrieds hatte sich bei seiner Versicherung nach einem Versicherungsschutz bei Überschwemmungen erkundigt. Die Auskunft der Versicherung: Und trotz des fertiggestellten Hochwasserschutzes für das Ober- und Unterried sind die Gebiete bei der Versicherung in die Schadensklassen Zürs 4 (regelmäßig Hochwasser) oder Zürs 3 (häufig) eingestuft worden. Einige Versicherungen bieten für die Gefahrenstufe Zürs 4 gar keinen Versicherungsschutz an, andere schon wie etwa die Sparkassenversicherung. Allerdings mit entsprechendem Selbstbehalt: „Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, so viele Gebäude wie möglich zu schützen, daher bieten wir auch in Zone 4 an. Bei Zürs-Zonen 3 und 4 arbeiten wir mit verschiedenen Selbstbehalten“, so die Pressesprecherin Sylvia Knittel.
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GdV) hatte die schlechte Einstufung des Oberund Unterrieds trotz real existierendem Hochwasserschutz damit erklärt, dass die Versicherungen sich auf die offiziellen Daten der Wasserwirtschaftsämter stützen. Und weil das offizielle Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, auch keine Umstufung geschehen sei. Doch dieser Schlussfolgerung hat nun das Regierungspräsidium widersprochen.