Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mit perfider Masche ins Bordell getrieben
Frauen zur Prostitution gezwungen – BGH hebt Urteile gegen Zuhälter teils auf
KARLSRUHE/DÜSSELDORF (dpa) In einem schweren Fall von Menschenhandel hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Düsseldorfer Landgerichts teilweise aufgehoben. Die höchsten deutschen Strafrichter verwiesen den Fall am Donnerstag an das Landgericht zurück, weil dieses keine Sicherungsverwahrung für die Angeklagten geprüft hatte. Der heute 33-Jährige und sein 28-jähriger Komplize waren zu zehn Jahren und acht Jahren Haft verurteilt worden, unter anderem wegen Zuhälterei.
Die vier Frauen mussten nach Feststellung des Landgerichts in Bordellen im Rheinland, in Hessen, Hamburg und Stuttgart anschaffen – teils bis zu 18 Stunden am Tag. Die Männer kassierten die Einnahmen. Bis ihnen Fahnder nach gut drei Jahren auf die Schliche kamen und sie im Oktober 2015 in Köln und Stuttgart festnahmen. Nach Überzeugung des Gerichts hatten sie die Frauen mit Druck, brutaler Gewalt und einem „hinterlistigen Schauspiel“mit pseudo-religiösen Ritualen in die Prostitution getrieben und dann sexuell ausgebeutet.
Die Täter gingen immer nach demselben Muster vor: Der 28-jährige Deutsche gaukelte den Opfern die große Liebe vor, isolierte sie sozial und machte sie von ihm abhängig. Dann kam der 33-Jährige – ein in Deutschland aufgewachsener Algerier – ins Spiel. Er inszenierte sich als geheimnisvoller „Gesandter“und „Heiliger“mit übersinnlichen Kräften. Zusammen machten sie die Frauen gefügig, sorgten dafür, dass sie sich teils hoch verschuldeten und nach wochenlangem Druck – mit Schlafentzug und Isolation – sowie Gewalt ihre Körper verkauften.
Mit Tattoo gedemütigt
Das Duo brachte eine Studentin sogar dazu, sich die Abkürzung „DH2“(„Die heiligen Zwei“) auf den Hals tätowieren zu lassen. Der Jüngere, der selbst in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Älteren gestanden haben soll, brachte die Frauen von Bordell zu Bordell und kassierte die Einnahmen. Der mehrfach vorbestrafte „Guru“lebte mit Frau und Kind in einem luxuriösen Reihenhaus und führte nach außen hin ein normales Leben. Drei der Frauen leiden noch heute unter den psychischen Folgen.
Gegen das Landgerichtsurteil hatten beide Seiten Revision eingelegt. Während die Verteidiger auf ein milderes Urteil hofften, rügte die Bundesanwaltschaft, dass das Gericht keine Sicherungsverwahrung in Betracht gezogen hat. Dem Hauptangeklagten, der schon als junger Mensch mit Straftaten auffiel, bescheinigte sie: „Er ist für die Allgemeinheit gefährlich.“Selbst wenn dies für den Jüngeren nicht in gleichem Maße gelte, müsse auch für ihn Sicherungsverwahrung geprüft werden.